Archive for März, 2009

Benimmsisch für Anfänger (3)

Dienstag, März 31st, 2009

Hallo und herzlich Willkommen zum dritten Teil unseres Kurses ‘Wie werde ich ein waschechter Chinese’. Im Verlaufe dieser mehrteiligen Informationsveranstaltung möchten wir Ihnen den Habitus des Mittelreichbewohners nahebringen, um Sie für Ihren Erstbesuch diesseits der Erdkugel zu rüsten und Ihr Auftreten an die lokalen Gepflogenheiten anzupassen.

Unser heutiges Thema: Korrektes Fahrstuhlfahren

‘Ping’ und die Tür geht auf. Aus dem Fahrstuhl mitten in der hamburger Innenstadt steigen zwei Personen aus und gehen zielstrebig ihres Weges. Die davor wartenden 3 Passanten steigen der Reihe nach in die Kabine, drücken den jeweiligen Etagenknopf und stellen sich möglichst weit voneinander auf. Einer der Wartenden geht etwas verzögert hinterher. Er beendet noch schnell einen Telefonanruf mit den Worten ‘Ich muss jetzt schnell in den Fahrstuhl und ruf Dich danach zurück’. Nachdem er an Bord ist, geht 5 Sekunden später die Tür zu und die Gondel nimmt Fahrt auf. Alltag in Deutschland.13 und 14 ?

Richten wir nun den Blick auf den uns allmählich vertrauter werdenden Erdabschnitt. Nach dem bekannten ‘Ping’ passiert zunächst einmal gar nichts. Diese Geisterpings sind normal und man sollte sich besser auf die Stockwerkanzeigen neben der Tür verlassen. Selbst wenn diese nicht immer die korrekte Richtung anzeigen, stimmt zumindest die Stockwerknummer. Wobei, auch das nur bedingt. Zum einen gilt hier das amerikanische Modell, indem das Erdgeschoss als 1 verstanden wird. Und zum anderen existieren für gewöhnlich die Stockwerke 3 und 4 nicht. 13,14 und 23,24 oftmals ebenfalls nicht. Das wird zur Freude der Übersichtlichkeit jedoch überall anders gehandhabt. Ein 40 Stock hohes Haus ist jedenfalls auch schnell mal in Wirklichkeit knapp 10 Stockwerke kürzer. Aber sonst wärs ja auch langweilig.

Szenario 1: Nach einigen weiteren Geisterpings öffnen sich die Türen des Fahrstuhls und die darin befindlichen 9 Personen versuchen verzweifelt entgegen den hereinströmenden Massen die Kabine zu verlassen, was meist mit nur wenigen Blessuren geschafft ist. Die nun hineingedrängten 12 Passanten sind nicht etwa die ersten, die vor den geschlossenen Türen gewartet haben. Die Auswahl entspricht auch keiner anderen Ordnung, sondern entsprigt einzig und allein der Fähigkeit zur schnellen Reaktion und dem Talent, sich vor andere Wartende zu quetschen. Auf dem Weg nach Oben hält der Fahrstuhl noch zweimal und obwohl die letzten bereits bis ganz vorne stehen, drängen sich insgesamt noch drei Personen hinein, zur Not mit Schwung. Wenn man jetzt hinten steht und einen Kaffeebecher in der Hand hat, hilft nur noch die alte Festzelt-Nummer: ab über den Kopf damit. Den eigenen Stockwerkknopf konnte man in der Kabinenfüllzeit von 3 Sekunden nicht drücken und muss so hoffen, dass genügend Menschen vor dem eigenen Stockwerk aussteigen, damit man noch rechtzeitig an die Taste kommt. Was auch hilft, ist ein beherzter Ruf: “Schrr-Arr”, was soviel wie ’12′ bedeutet. Leider hat man dann 14 Augenpaare auf sich gerichtet, nicht selten mit Unverständnis im Blick. Denn was aus dem Mund des Wai-goren, also des Fremden, kommt, kann nur Fremdisch sein, nicht aber Chinesisch. Guten Morgen China.

Szenario 2: Eine Stunde früher als sonst schreitet der Wai-goren auf den Fahrstuhl zu. Die Fläche davor ist einsam und verlassen. Die meisten Menschen befinden sich noch auf dem BusBahnTaxi-Weg zum Büro. Die Fahrstuhltür steht offen, nur eine Person ist darin. Ein Chinese. Er bickt den Wai-goren an, während die Türen zugleiten. ‘Kann der nicht grad mal auf den Öffner drücken?’ denkt sich der Fremdling und hechtet nach vorn, klemmt einen Fuss zwischen die Türen. Beim Einsteigen wird klar, dass der gute Herr Li sehr wohl auf den Knopf gedrückt hat. Allerdings nicht auf den Öffner, sondern auf die ‘Türen schliessen’ Variante. Diesen bearbeitet er jetzt wieder und ist dabei sichtlich frustriert, dass es dieser nervige Wai-goren doch noch geschafft hat. Von peinlicher Berührtheit ob des Tastendrucks keine Spur. Im Gegenteil.Close it!

Was lässt sich aus diesen beiden Szenarien nun ableiten? Zum einen: Sollten Sie in der Nähe des Knopfpanels stehen, drücken Sie bitte immerzu den ‘Schliessenknopf’, sobald sich die Türen geöffnet haben. Bei jedem Stockwerk. Weniger als sechmaliges Dauerfeuern des Knopfes gilt als keinmal und vergeudet die kostbare Zeit der Mitreisenden. Öffnen Sie die Tür für niemanden und warten Sie nicht, bis Sie an der Reihe sind. Sonst kommt die Kabine zum einen niemals in Fahrt und Sie zum anderen niemals in dieselbe hinein.

Wenn Sie Telefonate zu erledigen haben, warten Sie bitte, bis Sie IN dem Fahrstuhl stehen und führen Sie diese dann lautstark, da die Verbindung durch die Metallummantelung oftmals schlecht ist. Stören Sie sich nicht daran, wenn bereits zwei andere Passanten telefonieren. Sie werden lernen, dagegen an zu brüllen. Das gleiche gilt für transportable Spielekonsolen, Gameboys, iPhones und sonstiges Entertainment Zubehör. Die Lautstärke lässt sich immer noch ein wenig nach Oben drehen. So vergehen die endlos langen 15 Sekunden bis zum Ziel angenehmer.

Und niemals, wirklich niemals das Drücken des Türschliessers vergessen.

Gone Gone Gone

Dienstag, März 31st, 2009

Dieser Eintrag hat eine kleine dunkle Schleife am Revers. Unsere chinesischen Kollegen haben ab heute ein Zuordnungsproblem weniger. Was auf den ersten Blick wie eine gute Nachricht klingt, hat aber einen weniger fröhlichen Grund. Das asiatische Ohr ist praktisch der Gegenpol zum italienischen Hörorgan. Braucht Antonio an jedem Wortende ein ‘e’, um es als solches zu begreifen, verweigert das Gehör von Maos Nachfahren eine derartige Vokalendung als gültigen Laut. Und zwar so weit, dass es nicht gehört und nicht verinnerlicht wird. ‘Meike’ hat also für die Kollegen denselben Klang wie ‘Maik’.

Soweit verstanden? Gut, legen wir die Latte der Vewirrung noch eine Stufe höher. Niemand ohne germanische Gene kann ‘Michael’ aussprechen. Also greift man auf die altbewährte englische Vertonung zurück: ‘Maikäl’. Spricht man diesen Namen nun nicht gerade grundschul-deutlich aus, klingt es fast wie ‘Maikä’, also praktisch ‘Meike’. Jetzt wissen wir ja aber, dass ‘Meike’ im gelben Ohr nach ‘Maik’ klingt. Na, dämmert die Misere?Princess Meike

Damit nicht genug, gab es bis Ende letzten Jahres noch eine zweite deutsche Meike im Büro. Macht für Herrn Li oder Frau Zhu summa summarum vier Personen mit dem vermeintlich selben Namen. Im Laufe der Zeit gewöhnt man sich allerdings an das ständige ‘Maik, eh I mean Meike, no, Michael’ Verwirrspiel. Und natürlich haben viele Kollegen auch phonetisch dazu gelernt.

Nachdem eine der Meikes Ende des letzten Jahres bereits den Ruf der Heimat wahrgenommen hat, ist ihr gestern die zweite gefolgt. Was, um den Kreis zu schliessen, für die Kollegen die Kommunikation erleichtert, erschwert jedoch unser aller Herz. In diesem Moment sitzt sie im Flugzeug und fliegt, wohin die Hannesse und Torstens gehen.Die kleinen Strolche werden sie vermissen und die Stadt des Staubes wird nicht mehr dieselbe sein. (Insider: Da heisst es ‘fump’ und who’s the city)

Machs gut, grüß uns die Schanze und freu Dich, dass Du nun nicht mehr auf die Brötchenauswahl bei Starbucks angewiesen bist. Du fehlst uns jetzt schon.