Ja, nein, doch, nee, jetzt wieder und futsch. So oder so ähnlich könnte man den geschichtlichen Ablauf des Namenszusatzes ‘Hauptstadt’ für die Stadt Xi’an beschreiben.
Man ist halt sehr entscheidungsfreudig. Immer wieder. Und nicht jeder Kaiser ist mit der Auffassung seines Vorgängers einer Meinung. (man kennt das ja von SPD und CDU).
In den historischen 5 Minuten, die Xi’an jetzt gerade mal nicht Hauptstadt ist, waren zwei Reiselustige vor Ort, schwer bewaffnet mit Stativ und Kamera. Von den verbuddelten eintönigen Kriegern haben wir an dieser Stelle ja bereits gelesen und so soll es jetzt einmal um den Rest der Stadt gehen.
Auf dem Weg vom Flughafen in die Innenstadt macht sich per Nackenhaar-La Ola Welle das Gefühl von ‘weig weg’ breit. So muss Novosibirsk aussehen. Die Taxameter-Kutsche passiert reihenweise verlassene und verfallene Industriegebiete, die aus einer Mad Max Kulisse zu stammen scheinen. Über allem liegt eine dicke Schicht Staub und Sand. Endzeit.
Als die ersten Ausläufer der Stadt beginnen, ändert sich nur die Fülle auf der Straße. Die Umgebung behält ihre Unnatürlichkeit, nun im Austausch mit verfallenen Bürohochhäusern. Zwischen diesen Billboards mit quadratmetergroßen Beautyshots der neuesten 911er und S-Klasse Modelle. Ach ja, in Xi’an soll angeblich viel Geld zu machen sein. Abgesehen von den Plakaten deutet wirklich rein gar nichts darauf hin.
Wir erreichen das Westtor der alten Stadtmauer und mit einem Mal ändert sich alles. Hinter dem 12m Ungetüm (der Chinese liebt Mauern über alles so scheints) wird alles besser. Zwar ist es noch immer weit von der Modernität Pekings oder gar Shanghais entfernt, aber der Begriff Zivilisation lässt sich hier eindeutig ungestraft verwenden.
Wir machen uns auf den Weg die Stadt zu entdecken. Auf die Mauer rauf, kulinarisch das muslimische Viertel erfuttern, eine Antiquitätenstrasse bebummeln und die große Wildganspagode besuchen. All das ist in der Fotogalerie zu bewundern.
Es gäbe noch viel mehr, aber dafür reichen drei Tage nicht. Es ist doch spürbar, dass so eine alte Hauptstadt eine ganze Menge Kultur anhäuft, wenn sie die 1000 Jahre Existenz überschreitet. Und doch ist vieles noch so ursprünglich geblieben, wie es vor langer Zeit einmal gewesen sein muss.
Eine rauhe Stadt ist es, die daran erinnert, dass der Großteil Chinas relativ arm ist. Und eine Stadt mit der größten Dichte an Wedding-Shops, die ich je gesehen habe. Wirklich schick ist sie nicht. Andererseits aber auch nicht wirklich hässlich. Alles in allem lohnt sie sich. Zumindest wenn man mal in der Nähe ist.
Die deutsche Partnerstadt von Xi’an ist übrigens Dortmund. Als verwöhnter Hamburger kann ich da in der Tat einige optische Verwandtschaften erkennen.