Archive for August, 2009

Heute ein König

Donnerstag, August 27th, 2009

Beim Tenor ein wenig hinten fröscheln, in der Brieftasche nur ein paar Kröten und manchmal ein echter Knallfrosch: meine Beziehung zum lurchigen Rumquaker ist oft erschreckend nahe.

Aber ich will hier nicht groß unken, denn es gibt Schlimmeres. Zum Beispiel ein echter Vertreter dieser glupschäugigen Zunft zu sein. Denn das hätte mich vergangenen Sonntag direkt auf die andere Seite von Tisch und Teller geführt. Laichenblass sozusagen.

In diesem Fall aber blieb alles so wie es sich gehört: vor dem Teller der experimentierfreudige Touri und auf dem demselben die erwähnte amphibische Mahlzeitfamilie in Gestalt von Uwe Ochsenfrosch und seinen Kollegen.

Scharfer FroschFroschbein mit FussFroschmahlzeit

Ochsenfrosch. Mag der erste Teil des Wortes noch allzu vertraut nach Steak und Schaschlik klingen, der Gesamtbegriff ist trotzdem gewöhnungsbedürftig, wenn es um das Abendessen geht. Da schaudert es schon mal, wenn man zu viel darüber nachdenkt. Also tun wir das einfach nicht so viel und bestellen die Fuhre hüpfenden Knabberkram einfach. Die Franzosen essen das ja auch. Hei, da sind wir schon wieder bei der Ähnlichkeit von Jean-Jaques und Herrn Li. Die beiden sind aber auch verflixt oft Brüder im Geiste.

Die Schüssel kommt und in der verboten scharfen Suppe schwimmen in der Tat so an die 15 Frösche. Jetzt wird es ernst. Gleich beim ersten Griff geht es los: die Stäbchen ziehen ein Bein komplett mit schwimmbehäuteten Fuss heraus, der den Eindruck macht, als würde er am liebsten sofort nach Hause hüpfen wollen. Ab hier setzt das erprobte ‘nicht lang schnacken,…’ ein und somit wird der letzte Amtsgang des Springmeisters am Gaumen der Bewertungsfreudigkeit enden.

AbgefroschtSeufz, immer diese Foreigners...Ein heilloses Durcheinander danach

Und dieser meldet, ganz wie erwartet: Lecker Hähnchen. Moment mal – Broiler? Das ist doch etwas weit hergeholt!? Nein, in der Tat. Auch der zweite Biss wird unbeeindruckt vom Knospenmeister auf der Zunge durchgewunken. Hähnchen und basta. Verstehen muss man das nicht, nur herzhaft zubeissen.

Das allerdings ist etwas, das sich dann doch eine Spur schwieriger gestaltet als beim Grillimbiss. Immerhin ist an so einem grünen Freund alles recht klein und man kaut schon mal auf Dingen herum, von denen man gar nicht erst wissen will, wo sie anatomisch zu finden sind. Alles in allem aber einfe sehr empfehlenswerte Mampfabwechslung. Das kann man sich ruhig mal wieder geben.

Nun mach aber mal nen Punkt

Montag, August 24th, 2009

Zehn – Hundert – Tausend – und nochmal – danach Million: Das metrische System. Klasse Sache eigentlich so prinzipiell. Egal ob Entfernung, Gewicht, Anzahl an Shoppingtüten oder Gesamtsumme des Candle-Light Dinners – wer bis Zehn zählen kann, hat es voll drauf. Na, zumindest im festländischen Euro-Raum.

Freund Franzose muss natürlich ein wenig aus der Reihe fallen und so lustige Zählarten wie 4*20 anführen, wenn er 80 meint. Franzosen und Chinesen haben übrigens viel gemein. Die Befremdung mit dem Englischen beispielsweise oder die Weigerung, standardisierte Bezeichnungen, wie ‘Computer’ oder ähnliches in ihres Sprache zu übernehmen. (Nun gut, hüstel, in Deutschland nutzt man auch die irrige Bezeichnung ‘Handy”, wenn man Mobiltelefon meint…aber lassen wir das. Über Engisch als Sprache hatten wir uns gerade erst ausgelassen)
Möglicherweise ist das auch der Grund, weshalb die Franzosen die wohl größte Gruppe der ausländischen Mitbewohner in Chinas Hauptstadt darstellen. Und da vermute ich konspirative Sprachbeeinflussung auf höchster Ebene. Hier kommen wir übrigens wieder zurück zu den eingangs erwähnten metrischen Eigenheiten.

Auch in China ergibt 100 * 100 * 100 eine Million, aber der Weg dorthin ist ein gänzlich anderer, als an der Waterkant.
Für größte Verwirrung sorgt alles, was sich oberhalb von 9.999 befindet. Metrisch beeinflusst sagt man bei uns Zehntausend, weil es halt zehn von diesen Tausendern braucht, um 10.000 zu bilden. Und jetzt kommts – in China gibt es für diese Zahl einen eigenen Ausdruck: wàn.
chinese counting
Damit der Umgang damit verständlich ist, übersetzen wir den Begriff einmal spasseshalber mit ‘Zausend’. 10.000 sind damit also Einzausend und werden entsprechend 1.0000 geschrieben. Punkt-Rutsche also. Aha.
Wie sagen und schreiben wir dann 30.000? Na? Genau – Dreizausend oder auch 3.0000 , bzw. in chinesischer Schrift 三万.

Kommen wir zu Stufe 2. Wie sagen wir wohl 30.010? Zunächst schreiben wir das mal richtig: 3.0010. Gut und wie hört sich das an? Dreizausend Null Zehn! Man ist hier ein wenig faul und nennt nur eine einzelne Null, anstelle derer zwei. Mhm.

Stufe 3. Jetzt legen wir den Hebel mal ordentlich um: 500.001. Knapp über eine halbe Mille also. Na, jemand eine Idee? Bueller? Hier kommt die flöhliche Lösung: geschrieben wirds 50.0001 und gesprochen wie folgt: Fünfzigzausendnulleins. Aber sicher doch! Und wenn man jetzt noch in die Schale wirft, dass Fünfzig im Chinesischen wie “Fünf, Zehn” ausgesprochen wird, dann kommt akustisch ein Fünfzehnzausendnulleins, wenn man Fünfhunderttausendeins erwartet. Jemand noch’n Bier?

Für eine Million gibt es nebenbei erwähnt auch ein eigenes Wort: yì, aber die Erklärung der Millionen-Eskalation spare ich mir mal. Gut, dass man im Alltag nicht so häufig mit diesen Zahlen umgehen muss, sonst müsste das verwirrte DIN-Gewohnheitstier nonstop den Taschenrechner bemühen.

Im Schutz des Drachen

Mittwoch, August 19th, 2009

Nein, Sorgen machen müssen wir uns nicht. Peking steht im Schutz des Drachen, der seine Schwingen majestätisch über uns ausbreitet. Vor fünf Minuten hat er sich gezeigt, als er der Sonne nach flog.
Ein seltener Anblick in der zumeist wolkenlosen Hauptstadt. Und leider nur per Handy-Kamera festgehalten.
Trotzdem beruhigend zu wissen, dass er da ist.

Dragen above Beijing

…isch

Montag, August 17th, 2009

Heute befassen wir uns einmal mit der brennenden Frage “Was ist eigentlich das Unangenehmste in China”.

Die zumeist aufgelegen Theorien umfassen Essen, Kultur, Wetter und gehen bis entzogene Menschenrechte, fehlende Freiheit oder diffus gefühlte Bedrohung.

Das Essen ist ja nun zum Grossteil so lecker wie günstig, kulturelle Unterschiede zwar vorhanden, aber nicht unerträglich und viel kleiner als man vermuten würde. Das Wetter ist fast durch die Bank weg besser als daheim und was dramatische politische Auswirkungen betrifft, sind diese deutlich stärker bei Spiegel Online zu spüren als vor Ort.

In Wahrheit ist das nervigste, anstrengendste und unverständlichste etwas viel alltäglicheres und dazu noch etwas wenig direkt chinesisches. Es handelt sich um: Englisch.

lish

Moment! ruft da der ein oder andere aufmerksame Leser – wird in China nicht vornehmlich Mandarin gesprochen?
Ja und nein. Klar unterhalten sich Herr Li und Herr Zhang in astreinem Chinesisch (zumindest wenn sie nicht gebürtig allzu weit voneinander entfernt aufgewachsen sind). Der geneigte Visainhaber jedoch kann da nicht mithalten und so wird für gemeinhin der Weg über die angelsächsische Sprachwelt gesucht und leider nur sehr selten gefunden.

Es ist mitunter unerträglich, dem akustischen Harakiri zu lauschen, das entsteht, wenn jeder das muttersprachlich mit auf den Weg gegebene Verständnis von Grammatik mit in die englische Sprache hineinbringt. Wenn man bereits seit Jahren zur Ausübung des eigenen Berufs eine bestimmte andere Sprache nutzen muss, kann ein gewisser Lerneffekt eigentlich nur mit großer aktiver Anstrengung vermieden werden, und doch ist es erstaunlich, mit welch geringem Niveau an Ausdrucksvermögen sich zuweilen zufrieden gegeben wird.

Die meisten Deutschen radebrechen mit gelernter Subjekt-Objekt-Prädikat Struktur vor sich hin, der Chinese stammelt verwirrt ohne Hilfsverben und Präpositionen, der Franzose verfleischwolft alles in seinem konsonantenverschluckenden Sprachbrei und alle drei versuchen verzweifelt dem Australier zu folgen, dessen Englisch von allzu vielen Slangwörtern geprägt ist.
welsch

Für einen Urlaub und beim abendlichen Bierchen sicherlich amüsant. Im Arbeitsalltag jedoch, wo es auf Details, stilistische Eleganz und zeitnahe Lösungen ankommt ein zum Teil zermürbendes Erlebnis mit 50% Chance auf Nichtlösbarkeit verschiedener Sachverhalte. Leute, SO schwer ist das doch nicht, möchte man da rufen. Sprachschulen gibt es übrigens auch eine ganze Menge.

“You hold it not in the head out….”

Wer macht hier eigentlich die Timings?

Montag, August 17th, 2009

Das hier ist kein Blogeintrag im eigentlichen Sinne, sondern einzig eine Beschwerde “to whom it may concern”.

Die olympischen Spiele und die Leichtathletik Weltmeisterschaften – zwei nichtalltägliche und großartige Events, die Geschichte schreiben und bei denen es sich sich lohnt, Zuschauer zu sein.

sports

Und so entbehrt es nicht einer gewissen Ironie, wenn man um die halbe Welt reist, nur um für das eine Event zwei Monate zu spät zu sein und dann schnell und heimlich genau dort wo man gerade her kommt das jeweils andere Event stattfindet. Mit Rekordmarken versteht sich.

Na, wenigstens hat es 2006 für die Fussball WM gereicht. Aber 2 von 3 verfehlt, so ein Mist. Was soll denn der Quatsch?

Brat Brat

Donnerstag, August 13th, 2009

Es muss ja nicht immer Seltsames sein. Würmer und Insekten – das ist schliesslich nun wirklich nicht das täglich Brot. Oder die täglich Reisnudelsuppe. Und deshalb zur Abwechslung heute mal ein kurzer Bericht über mein liebstes Lieblingsgericht, den 考据 (kǎo jù). Hierbei handelt es sich um einen Meeresbewohner fischiger Art, der solange mit Gewürzen beworfen wird, bis er sich freiwillig in eine handelsübliche Ofenform legt. Die Fischgattung ist…na, diese Dingens. Ach, die gibts ja eh bei uns nicht, drum macht es auch keinen Sinn, nach dem Namen zu fragen. Fing Fang Fischelfong oder was ähnliches dürfte es sein.

Schmuddel-Mampf ist inFritzes FischAuf gehts

Nun jedenfalls kann man anhand der fotografischen Dokumentation recht schön erkennen, dass er besser mundet als Hühners’ Gebein. Und das ist auch kein Wunder, denn nach alten Socken kann dieser kaum schmecken. Tief vergraben unter einem Haufen der erwähnten Kräuter, allerlei Zeugs und noch die ein oder andere Portion Gedöns dabei schlummert so ein Kilo entschuppter Schmackhaftigkeit nicht allzu lange vor sich hin. Ihn bis auf die letzte Gräte frei zu legen erfreut den Gaumen und das Herz. Zumindest auf meiner Seite des Tisches. Die andere Seite hat oft wenig zu lachen. Schliesslich ist das hier nicht grad das Land der Rücksicht und so kämpft hier jeder für seinen eigenen Bauch.

Lecker schmecker!Wer zuviel Reis ist, kriegt halt wenigerSoviel dazu...

Erwähnenswert wäre noch, dass man bei der Bestellung dreimal ‘NICHT scharf’ sagen muss, damit man zumindest noch ungehindert atmen kann, sobald man die ersten Bissen runter hat. So richtig ohne Scharf kennen sie ja nicht, die guten Küchenhilfen. Aber das wäre ja auch langweilig.

Einzige Hürde – DIESES Essen kann man praktisch nicht ohne Beisein von Eingeborenen bestellen, denn in Foreigner-freundlichen Läden ist er nicht auf der Karte, der in vielen Variationen erhältliche Flossenhoppler. Dafür muss man schon zu den hippen ‘Schmuddel-Ins’ gehen, die allesamt in Europa vom Ordnungsamt geschlossen werden würden, sich niemand mit gesundem Menschenverstand hinsetzen würde und vor deren klapperigen Türen auch mal der ein oder andere Ferrari oder Maserati parkt – auch im Reich der Mitte ist Understatement hin und wieder schick.

Das Fehlen von fünf Ls

Mittwoch, August 12th, 2009

Wenn man Lila Laune Bär sagen will und kein L benutzen darf, ist das was dabei rauskommt maximal eine angetrunkene Version der Realität. Und in diesem Fall sprechen wir nur von vier Ausführungen nicht vorhandener Alphabet-Teilnehmer Nummer 12.

Hell Dlalle is not amused

Beim Fehlen ganzer fünf von der Sorte präsentiert sich das Ergebnis dann entsprechend desolat. So geschehen dieser Tage in einem nicht unbedeutenden Ort an der Ostseite des Reiches der Mitte.

Hell Dlalle, Eigentümer besagter Konsonantensammlung hat B und J gegen zwei H, bzw. Dumplings gegen Fischbrötchen eingetauscht. Nur mäßig freiwillig, aber weg is weg. Und verschwundene Ls hinterlassen nuneinmal Lücken:

So versuchen Taxifahrer nun, Bieftaschen zurück zu geben, trauert eine isa, weil Kagen for everihr Godfisch fort ist und manch dummer Europäer bemerkt, dass verzogene Feundschaften eine ganz große eere hinterlassen.

Begeisterung herrschte wohl nur beim hamburgischen Empfangskommittee, dass den Kollegen, dessen liebstes chinesisches Wort ‘Jiali zong xin’ ist, wieder in die alster- und elbischen Gepflogenheiten einführen darf. Salatessen beispielsweise muss er dann wohl wieder mit der Gabel. Seufz, man kann halt nicht alles haben.

Begeisterung herrschte wohl nur beim hamburgischen Empfangskommittee, dass den Kollegen, dessen liebstes chinesisches Wort ‘Jiali zong xin’ ist, wieder in die alster- und elbischen Gepflogenheiten einführen darf. Salatessen beispielsweise muss er dann wohl wieder mit der Gabel. Seufz, man kann halt nicht alles haben.

15 dingens fuffzich

Samstag, August 8th, 2009

Über Geld spricht man nicht. Alte Weisheit, wohl bekannt im Abendland. Und tatsächlich hält man sich zumindest in Deutschland so sehr daran, dass bereits die Frage “wieviel Miete zahlst Du” manchem Zeitgenossen verstopfungs-Pressfalten ins Gesicht zaubert. Nach drei halbherzigen Lachhüstlern wird dann angestrengt nach einem passenderen Thema gesucht: “Heut ist ganz schön draußen.Gestern war’s ja nicht so doll”.

Gut,aber hier liegt eine europäische Tradition zugrunde-meins ist meins und das geht niemanden etwas an.

Bereits auf der uns kulturell nicht allzu entfernten Insel der Pilgrims ist es anders. Hier ist es nicht unhöflich, offen nach dem Jahreseinkommen zu fragen, selbst wenn man die betreffende Person erst 10 min. kennt. Ein Kündigungsgrund für Freundschaften manch Good Old Deutschländer Würstchen.

Der Chinese hat hier ja ein gar cleveres System erdacht. Es trägt den inoffiziellen Arbeitstitel Rate mal im Hosental. Tief vergraben in Beinkleiders Tasch’ liegen sie,die baren Scheine scheinbarer Klarheit um die es hier geht.

Die Zahlen auf ihnen sind so bekannt wie unmissverständlich. Aber schon beim Bezahlenwollen geht es los:

Chinese money

Auf dem Schild steht ¥15.50, der Kassierer verlangt 15Kuai5 und das Hirn fragt sich, ob es um Yuan geht oder nicht. Renminbi seien es natürlich, sagt der touristische Nachbar an der Kasse und doch steht auf seiner Umrechnungstabelle das Kürzel CNY.
Verwirrt reicht man einen 20er (von welcher Währung auch immer). Zurück die Frage, ob man nicht 5Mao hätte. Der sei doch längst staubgewordenes Wertgut grübelt man noch.

Da dieser einem aber wahrscheinlich ungeniert in die Tasche gegriffen hätte, hält man hilflos das Portemonnaie auf. Freund Kassierer zieht griffsicher einen winzigen 5Jiao Schein (den es natürlich auch als Münze gäbe) raus. Das ist nicht nur gleichbedeutend mit 0,50RMB, sondern auch noch ausgerechnet einer der zwei einzigen Scheine eben OHNE das Abbild des Staubkollegen. Äh, logisch also, dass er den meinte…

Der Kassierer jedenfalls schüttelt den Kopf ob so viel ausländischer Dummheit. Er lächelt in sich hinein – Dem Weissbrotkunden könnte er wahrscheinlich eine Handvoll Fen zurückgeben. Der hätte dann schon genug damit zu tun,die verschiedenen Münzgrössen selben Wertes zu sortieren. Geschweige denn, dass er merken würde, zwar die korrekte Summe in Zahlen,aber nur ein Zehntel des Wertes an Wechselgeld bekommen zu haben.

Über Geld reden in China? Kein Problem. Das Kind beim Namen nennen schon eher.