Archive for Januar, 2009

Frohes Neues! (schon wieder…)

Freitag, Januar 30th, 2009

Kinder, wie die Zeit vergeht! Kaum ist Silvester rum, da steht auch schon der nächste Jahreswechsel vor der Tür.Kawumm

Die gesamte Woche hatte China praktisch zu. Man begnügt sich nicht mit dem schnöden einzelnen Silvestertag wie die Damen und Herren aus dem Abendland. Herr und Frau Li feiern gerne ausgiebig. Ganze sieben Tage dauert das Geböller und Gefeiere. Das sind Weihnachten, Silvester, Ostern und Pfingsten auf einmal.

Bölleralarm in ChinaUnd Knallen wird hier ernst genommen. Was der landläufige Europäer unter einem Chinaböller versteht, werfen hier die Dreijährigen aus den Tuk-Tuks. Das ausgewachsene Schlitzauge hat da ganz anderes Kaliber auf Lager. Und das hat unsereins noch nie gesehen.

Man schreibt jetzt das Jahr des Ochsen. Und zwar auf ganz clevere Weise. Da Zischhhh‘Ochse’ auf Chinesisch ‘Niù’ heisst, liest man überall ‘Happy 牛 Year’. Gesprochen wir das dann natürlich ‘Happy New Year’. Na gut, Herr Li, fein ausgedacht, da darfst Du mit Recht stolz drauf sein.

So schön es auch ist, eine Woche frei zu haben, so wunderbar wird es ab kommenden Montag sein, wenn der siebentägige Angriff auf die gestressten Lauscher ein Ende hat. Also frohes Neues euch allen… Mal wieder!

Neujahrsfeuerwerk vor dem Fenster (WMV, 18MB)

Was ist eigentlich Regen?

Freitag, Januar 16th, 2009

Ich habe das Rätsel gelöst. Das Rätsel, weshalb man im Winter in Norddeutschland praktisch niemals die Sonne zu sehen bekommt. Und die Lösung ist ganz einfach – sie ist hier. Man mag es den Menschen zuhause ja kaum sagen, aber in den vergangenen 90 Tagen seit Mitte Oktober hat es summasumarum mit sehr viel Wohlwollen ungefähr 1,5h was Nasses von oben gegeben.

Den Rest der Zeit hatten wir um die 14 Tage trübes Wetter mit Wolken oder Smog und, tja, den Rest der Zeit scheint die Sonne, als wäre es das Normalste auf der Welt. Das lässt die empfindliche Haut zwar stark den Sommer fürchten, aber einen heitereren Winter hat dieser Tourist noch nie erlebt. Das musste mal gesagt werden, bevor es vollkommen in die Alltäglichkeit übergeht.

Disney’s Geisterstadt

Freitag, Januar 16th, 2009

‘Schönheit macht einsam’. Über diesen Satz mag man denken, wie es beliebt. Im Westen von Peking, nur unweit von Maos wachsamen Bildnisaugen steht jedoch (noch) ein steingewordenes Bildnis für diesen Satz. Die Qianmen Dajie (Ssianmän Dadschiä) ist die südgerichtete Verlängerung des Platzes des Himmlischen Friedens. Eine Einkaufsstrasse von nahezu einem Kilometer Länge, die ihre Karriere als Handelsplatz bereits 1206 zur Zeit der Yuan Dynastie begann.

Seit 2002 war man in Peking klöppelnderweise damit bemüht, die ansässigen Fassaden in den Zustand der 1920er Jahre zu bringen und hat dies rechtzeitg zu den olympischen Spielen im letzen Jahr fertig bekommen. Dicht gedrängt stehen sie nun da, die Perlen aus vergangenen Tagen. Blitzend und glänzend, praktisch staublos und gekrönt von einer historisch anmutenden Straßenbahn. Ein Fest für jeden Architekturinteressierten.

Einziger Haken: Die Preise sind so horrende, dass sich bislang kaum Mieter für die Räumlichkeiten gefunden haben. Hauptsächlich einige wenige Restaurants mühen sich um Kundschaft. All zu groß dürften diese Mühen jedoch nicht sein, denn trotz der mageren Geschäftsdichte, drängen sich die Menschen zuhauf durch diese hohle Gasse. Sie liegt nun einmal strategisch günstig wie keine zweite. So dürfte es dann auch nicht mehr all zu lange dauern, bis dieAuslagen gefüllt sind und der Yuan rollt, immerhin ist sie als Konkurrenz für die berühmte Wanfujing ausgelegt, die jedes Jahr Millionen über Millionen an Menschen bedient.

An Stimmung jedenfalls ist diese Straße kaum zu überbieten, wenngleich sie ein wenig Erinnerungen an die Main Street der diversen Disneyland Parks erinnert.

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Ihr seid doch alle Schnarchnasen

Freitag, Januar 16th, 2009

Ob in der U-Bahn, dem Klo, dem Grünstreifen auf der Strasse, der Bank der Sportumkleide oder im Büro: Kein Platz ist dem Chinesen zu abstrakt oder seltsam, um ihn nicht als Ruhestatt zu missbrauchen.

Man stelle sich in Deutschland einmal folgende Situation vor: Dienstag, 13:00 Uhr, von nebenan schmettert der Kollege ein fröhliches “Mahlzeit” durch den Raum und steht auffordernd in der Tür. Mit Sack und Pack geht die gemeinsame Reise dann gen probiotischer Currywurst. Bier ist ja nicht, also bestellt man züchtig eine Apfelschorle, Cola, Wasser oder enthält sich gleich ganz, weil ‘die verdienen immer an den Getränken’.

Mit dickem Bauch und viel Gezeter über Job, Kunden und Vorgesetzte geht es nach dem kulinarischen Erlebnis dann wieder in Richtung Knechtschuppen. Gerade hat man sich auf Herrn Meier eingeschossen, dessen demonstrative Langsamkeit ausreichend Lästerstoff für die gesamte Woche bieten würde, da fällt der Blick geradewegs auf eben diesen Herren. Aausgestreckt liegt er auf zwei Stühlen und schnarcht munter vor sich hin.

An diese Stelle unterbrechen wir das Kopfkino einmal, um die philosophische Frage aufzustellen, ob nicht jeder in seiner Mittagspause tun kann, was er will. Und doch drängt sich eine gänzlich andere Frage ungeduldig in den Mittelpunkt: Wie lange von diesem Moment bis zum Personalgespräch mit Herrn Dr. Klöbner? Mein Tipp: Unter drei Tage.

Wenden wir uns nun also voller Spannung den Gegebenheiten diesseits der Vernunftsgrenze zu und beäugen gemeinsam das nebenstehende Bild:

Dieses zeigt ungestellt und ungeschönt ein eben solches Szenario aus unserem Büro, das hierzulande als vollkommen unspektakulär und korrekt wahrgenommen wird. Wie gesagt – Kein Platz und keine Haltung ist zu seltsam und man behält sich das Recht zum Schlafen zu jeder Tageszeit vor. Na dann gute Nacht, ihr Schlafmützen.

Mächtig einen im Haus

Dienstag, Januar 13th, 2009

Durch ‘Abwarten und Tee trinken’ kommt man für gewöhnlich nicht sonderlich weit. Vielleicht ist die deutlich stärker auf Kaffee ausgerichtete Kultur des Abendlandes der Grund, weshalb dieses auf Blättern basierende Heissgetränk als Sinnbild unsäglichen Herumsitzens und Nichtstuns gilt. Andererseits könnte auch so manch zeitlupenbefähigter gelber Landsmann (mehr dazu ein anderes Mal) zumindest an der kontinentalen Orientierung dieses Sprichwortes beteiligt gewesen sein. Man weiss es nicht.

Bislang auch unbekannt ist die Tatsache, dass man beim geteeten Abwarten sehr wohl eine Menge erledigen kann. Heutiges Beispiel: Kulturstudien und zwar im Laoshe Teehaus. Dieses erst 1988 gegründete Haus hat sich der Überlieferung alter chinesischer Schrumpelblattschlürftraditionen verschrieben. Nur einen knappen Kilometer vom Platz des Himmlischen Friedes entfern, versetzt es den Besucher mit seinen wunderbar gearbeiteten Holz- und Steindetails sofort ein- bis drölfhundert Jahre zurück in der Zeitrechnung.

Durch ein reich verziertes Tor gelangt der naseweise Touri in eine Eingangshalle, deren perfekte Dekoration an Disney’sche Detailverliebtheit erinnert, in der Grillen zirpen und ein Wasserlauf sprudelt. Bereits in dieser Halle ist die Hektik und Lautstärke der Stadt vor der Tür wie ausgeblendet. Laut ist einzig der Herr Zhang, der gar nicht dumm ist und das neugierige Blauauge sogleich als Nichtchinesen identifiziert, sich vor diesem mit großen Gesten aufbaut und in Englisch seine Begeisterung über dessen Besuch in den Raum brüllt: “Wällkamm tuhse Laoshe TeaHouse!”. Danach hilft allerdings alles gebannte Starren nicht weiter – Herr Zhang hat hier nicht mehr als das zu sagen.

Am anderen Ende der Bezahlformalitäten folgen wir dem weissbehandschuhten Zeremonienmeister in die elektrische Höhenüberwindungsmaschine und werden nach dem Ausstieg von zwei fröhlich wippenden Damen in Empfang genommen, die uns den Weg in die heiligen Verköstigungshallen weisen. Drei bis vierundzwanzig ohs und ahs im Hinblick auf die Dekoration später sitzen wir bereits auf sehr bequemen Drachenstühlen und beäugen in Vorfreude die kleinen Leckereien, die sich wie von Geisterhand vor unseren Augen auf dem Tisch zusammenfinden.

Und nur wenige Minuten später beginnt sie auch schon, die Show, die man unbedingt mal buchen sollte. Eine Sammlung wahrlich unterhaltsamer Kunstferigkeiten bietet sich dem schlürfenden Betrachter dar. Sie reicht von Schattenspiel bis Kung Fu, von Zaubertricks bis Akrobatik und dauert etwas über eine Stunde. Nach den Darbietungen ist man so unterhalten wie entspannt und freut sich einmal mehr, dass man das noch erleben darf. Der Tee war übrigens auch ganz passabel, zumindest für einen Kaffeetrinker.

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(Deutsch) Benimmsisch für Anfänger (2)

Freitag, Januar 9th, 2009

Hallo und herzlich Willkommen zum zweiten Teil unseres Kurses ‘Wie werde ich ein waschechter Chinese’. Im Verlaufe dieser mehrteiligen Informationsveranstaltung möchten wir Ihnen den Habitus des Mittelreichbewohners nahebringen, um Sie für Ihren Erstbesuch diesseits der Erdkugel zu rüsten und Ihr Auftreten an die lokalen Gepflogenheiten anzupassen.

Unser heutiges Thema: Die Rangfolge im Verkehr. Abschnitt Eins: Der Fussgänger.

Sie kennen das sicher: Mitten im dichtesten Berufsverkehr ist ausgerechnet die Ampel an der größten Kreuzung ausgefallen. Vorsichtig robben Sie sich an den Kreuzungsbereich heran. Wer darf nun zuerst fahren? Die Autos auf der am stärksten befahrenen Straße, die bereits halb auf der Kreuzung befindlichen Radfahrer, die verstreut umher wuselnden Fußgänger oder doch der Bus des örtlichen Verkehrsverbundes?

In Deutschland gibt es da eine recht diffuse Regelung, die eine leichte Rechtslastigkeit aufweist und dann aber doch den Fußgänger irgendwie vorgehen lässt und oftmals keiner so recht weiss, was zu tun ist. Weil nun alles und jeder recht zögerlich agiert, ist eine entampelte Kreuzung der Infarkt für jeden Berufsverkehr.

Lernen wir also wieder einmal von unseren indirekten Nachbarn der Lebenskunst. Diese lösen das Problem ganzheitlich mit einer über die Jahrtausende erprobten Systematik mit dem Namen “Der Dicke darf zuerst”. Diese besagt, dass grundsätzlich derjenige die freie Auswahl hat, der alle anderen plattmachen kann. Also fährt zuerst der 12Tonner, dann der Kipplaster, danach der Bus, anschliessend der Lieferwagen, gefolgt vom Pkw und dem Pferdegespannt, direkt daran das Motorrad, hinter dem das Lastenfahrrad lauert und schlussendlich der Fussgänger. Damit sind keine Verzögerungen zu erwarten und der Verkehrsfluss bleibt ungetrübt.

Für Fussgänger besonders wichtig zu beachten ist die Tatsache, dass Zebrastreifen lediglich farbliche Auflockerungen des grauen Asphalts darstellen und Grünphasen der Ampeln nur signalisieren, dass man sich einer gewissen Umweltproblematik bewusst ist, derer man mit der Rotphase Einhalt gebieten möchte.

Sobald Sie also die asphaltierte Kampfzone betreten, um auf die signalgrüne andere Strassenseite zu gelangen, bewundern Sie bitte ausgiebig die weiterhin unablässig Ihren Fussweg kreuzenden Abbieger. Diese bemühen sich in der Regel redlich, Ihnen die Kunst des 60km/h-ohne-Platz-Fahrens zu demonstrieren und kündigen Ihre Fertigkeiten durch lautes Hupen ab 100m vor Kreuzungsbereich an. Dieses stellt eine beachtliche Leistung dar, die nur durch jahrelanges Nichttrainieren des Kraftwagenlenkens zu erreichen ist und in China als Teil gesellschaftlichen Status gesehen wird.

Honorieren Sie das beeindruckende Schauspiel mit einem Torrero-gleichen Sprung aus der Zielzone. Der Fahrer des Wagens wird Ihnen seinerseits durch das völlige Fehlen jeglicher Tempowegnahme ausreichend Gelegenheit geben, diesem Sprung die entsprechende Dramaturgie zu verleihen. Daraufhin können Sie beide glücklich und zufrieden über die jeweilige Darstellkunst und dem gelungenen Teamwork Ihren weiteren Tagesablauf bestreiten.

Herr Li gibt Gas

Freitag, Januar 9th, 2009

Mein guter Schatten, der Herr Li, ist noch viel besser, als ich jemals gedacht hätte. Da haben wir nun letzte Woche endlich die Website des neuen BMW 7er gelauncht, an der wir seit längerer Zeit rumwerkeln und erst jetzt fällt es mir wie Blech vom Himmel: Bereits in der Konzeptionsphase dieser Limousine muss mein cleverer Freund ganz vorne mit von der Partie gewesen sein, um bei der Vorbereitung der Website omnipräsent sein zu können.

Aber der geneigte Rätselrater darf sich selbst auf dem nebenstehenden Bild davon überzeugen. Da habe ich es die ganze Zeit vor Augen gehabt und doch nicht gesehen…

Mein lieber Herr Li, sie haben mächtig was auf der Reispfanne, das muss man schon zugeben.

Heisse Luft für Warmduscher

Dienstag, Januar 6th, 2009

Unter normalen Umständen ist es kein sonderlich gutes Omen für ein neues Jahr, wenn man gleich an dessen Anfang baden geht. Das Stehen der Suppe bis zum Halse ist in diesem besonderen Fall jedoch nicht nur willkommen, sondern auch noch beabsichtigt, handelte es sich doch um das JiuHua Spa & Resort.

Das sagt jetzt natürlich niemandem was, also tauchen wir mal ab in ein paar Details: Das Resort umfasst an die 16 Hotelkomplexe, die sich kuschelig um ein Auslassventil aus Jules Verne’scher Tiefe drängeln. Die Geschichte sagt nun, um es kurz zu machen, dass sich ein ehemaliger See durch Rumgerumpel der Erde unter dieselbe verdrückt hat und seitdem vor Wut qualmt. Jedenfalls so in der Art. Hier kommen natürlich unsere Freunde von der Physik ins Spiel, die mit erhobenem Zeigefinger darauf hinweisen, dass Dampf so flüchtig ist wie Bin Laden und desterweil mit dem Kopf durch die Wand ans Freie will, und zwar üblicherweise Richtung aufwärts.

Also haben unsere gelben Freunde der Geschäftstüchtigkeit einfach mal ein neues Gewässer obendraufgekübelt und fertig ist der ernergieschonendste Whirlpool der Welt. (Zumindest, wenn man die erwähnte Hotelarmada, die vier resorteigenen Monorail-Bahnen und das ewig strahlende Flutlicht abzieht).

Nun glaubt der olle Wessi hier ja nicht so einfach, dass es eine gar grandiose Idee sei, durchnässt bei minus zehn Grad Celsisus und nur mit Badehose bekleidet von einem Tümpel zum nächsten zu flitzen. Aber er ist wie immer gutgläubig genug, um das ganze an der eigenen Frostbeule zu überprüfen. (Dümmliche Kommentare sind an dieser Stelle bitte freundlichst zu unterdrücken)

Also weg mit dem Klamottenberg. Was solls, dann sind wir halt morgen mächtig krank. Wie man auf dem folgenden Foto sieht, nimmt ein mancher das mit dem Ausziehen ein wenig zu wörtlich, und so liegt auch schon mal das ein oder andere Kleidungsstück verwaist umher, das eigentlich angezogen bleiben sollte. Aber gut, andere Länder, anderes Kleidungsverständnis. Und mit dem Verständnis ist das hier in China ja so eine Sache. Da kommt oft nur Bahnhof bei heraus und den hab ich bislang noch nicht einmal gesehen.

Beim gefühlten 1000m Lauf von Umkleide zum Wasserkocher bildet sich dann auch sogleich der erste Gefrierbrand. Also fix den Bademantel runtergezittert, die Schlappen in die Ecke gepfeffert und dann schön Shrimps gespielt.

Und was soll ich sagen, es dauert nur knapp eine halbe Minute und schon spielt der Umgebungsgefrierschrank keine Rolle mehr. Die 40°C H2O tun ihre Wirkung. Und nicht nur das – wenn man nach einiger Zeit des Rumplantschens dem Koch von der Kelle springt, hält man es ganz ohne Kältegefühl und imposant qualmend wie Zenzi’s Dampfnudel bis zu zehn Minuten an der Frischhalteluft aus. Einzig die Haare machen auf Schockfrost, aber das fühlt man ja zum Glück nicht.

Nur eine Sache ist ein Problem – wenn einem so ein oller Chinese sowohl Bademantel als auch Schlappen wegklaut. Wahrscheinlich zu lange Tauchsieder geübt, der Gute.

Auf ein neues mit Gebrüll

Donnerstag, Januar 1st, 2009

Was tun, wenn Dinner for One ausfällt, weil N3 einfach nicht reinkommt und Fondue und Raclette nicht nur Fremd-, sondern gänzlich unbekannte Wörter sind?

Der aufmerksame Leser hat an dieser Stelle bereits bemerkt, dass es sich um die schwierigste Aufgabe des Kalenderjahres dreht: Was tun, wenn es wieder einmal völlig überraschend und ohne Vorwarnung Silvester ist?

Das völlige Fehlen von Verkaufsständen der Berliner-Mafia kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Moment der kollektiv zelebrierten Schwermut unaufhörlich näher robbt. Von wem möchte man sich in diesem Jahr fahnengestützte Zuneigungsbeschwörungen in die Nase säuseln lassen? Und vor allem wo?

Man könnte versucht sein zu vermuten, dass es anhand fehlender konkurrierender Freundeskreise im Ausland etwas leichter sein dürfte, den Jahresabschied zu planen. Doch mitnichten. Zwar fällt die Entscheidung des ‘mit wem’ deutlich leichter. Nicht jedoch das ‘was & wo’. Jede Sprache hält die passende ‘müssen wir mal sehen’ Floskel bereit.

Das Ende unseres westlichen Kalenderjahres wird hierzulande zwar medium ernst genommen, ist aber kein großer Chinaböller. Denselben lassen Herr und Frau Li nämlich erst in knapp drei Wochen hochgehen. Vorher wird sich maximal einen in den Kopf geknallt. Da so ein Silvesterabend ohne was auf die Ohren aber ödeblöde ist, wagte sich dieser experimentierfreudige Touri in sehr unbekanntest Terrain: Die Peking-Oper, ein fröhliches Potpourri aus Gesang, Instrumentalspiel, Pantomime, Tanz, Akrobatik und Kampftechniken, das den Besetzer von Omas Sofa in Ansätzen an Willy Millowitsches Theater und ähnliche Bühnenstücke erinnert. Die Story ist so einfach wie klassisch: Es wird verliebt, konkurriert, gekämpft und gestorben. Um das zu verstehen, muss man der Sprache nicht mächtig sein.

Die latente Angst vor der Fremdartigkeit des melodischen Repertoires war zum Glück in Teilen unbegründet. Einzig das Sitzfleisch hätte bei knapp drei Stunden Aufführung eine Pause erwartet. Alles in allem eine sehr lohnende Erfahrung, aber eine Erfahrung der Sorte “abgehakt, danke, weiter”.

Video: Die Peking-Oper

Aber so interessant das auch gewesen sein mag, eine ordentliche Party kann es selbstverständlich nicht ersetzen. Also ab in die nächste rollende Miefzelle und in den zu befeiernden Hutong gebrettert. Von dort aus vorsichtig das neue Jahr aus der Verpackung gelöst und dann an alle da draußen folgendes gesendet: ein frohes Neues und alles erdenklich Gute für 2009!