Mächtig einen im Haus

Januar 13th, 2009

Durch ‘Abwarten und Tee trinken’ kommt man für gewöhnlich nicht sonderlich weit. Vielleicht ist die deutlich stärker auf Kaffee ausgerichtete Kultur des Abendlandes der Grund, weshalb dieses auf Blättern basierende Heissgetränk als Sinnbild unsäglichen Herumsitzens und Nichtstuns gilt. Andererseits könnte auch so manch zeitlupenbefähigter gelber Landsmann (mehr dazu ein anderes Mal) zumindest an der kontinentalen Orientierung dieses Sprichwortes beteiligt gewesen sein. Man weiss es nicht.

Bislang auch unbekannt ist die Tatsache, dass man beim geteeten Abwarten sehr wohl eine Menge erledigen kann. Heutiges Beispiel: Kulturstudien und zwar im Laoshe Teehaus. Dieses erst 1988 gegründete Haus hat sich der Überlieferung alter chinesischer Schrumpelblattschlürftraditionen verschrieben. Nur einen knappen Kilometer vom Platz des Himmlischen Friedes entfern, versetzt es den Besucher mit seinen wunderbar gearbeiteten Holz- und Steindetails sofort ein- bis drölfhundert Jahre zurück in der Zeitrechnung.

Durch ein reich verziertes Tor gelangt der naseweise Touri in eine Eingangshalle, deren perfekte Dekoration an Disney’sche Detailverliebtheit erinnert, in der Grillen zirpen und ein Wasserlauf sprudelt. Bereits in dieser Halle ist die Hektik und Lautstärke der Stadt vor der Tür wie ausgeblendet. Laut ist einzig der Herr Zhang, der gar nicht dumm ist und das neugierige Blauauge sogleich als Nichtchinesen identifiziert, sich vor diesem mit großen Gesten aufbaut und in Englisch seine Begeisterung über dessen Besuch in den Raum brüllt: “Wällkamm tuhse Laoshe TeaHouse!”. Danach hilft allerdings alles gebannte Starren nicht weiter – Herr Zhang hat hier nicht mehr als das zu sagen.

Am anderen Ende der Bezahlformalitäten folgen wir dem weissbehandschuhten Zeremonienmeister in die elektrische Höhenüberwindungsmaschine und werden nach dem Ausstieg von zwei fröhlich wippenden Damen in Empfang genommen, die uns den Weg in die heiligen Verköstigungshallen weisen. Drei bis vierundzwanzig ohs und ahs im Hinblick auf die Dekoration später sitzen wir bereits auf sehr bequemen Drachenstühlen und beäugen in Vorfreude die kleinen Leckereien, die sich wie von Geisterhand vor unseren Augen auf dem Tisch zusammenfinden.

Und nur wenige Minuten später beginnt sie auch schon, die Show, die man unbedingt mal buchen sollte. Eine Sammlung wahrlich unterhaltsamer Kunstferigkeiten bietet sich dem schlürfenden Betrachter dar. Sie reicht von Schattenspiel bis Kung Fu, von Zaubertricks bis Akrobatik und dauert etwas über eine Stunde. Nach den Darbietungen ist man so unterhalten wie entspannt und freut sich einmal mehr, dass man das noch erleben darf. Der Tee war übrigens auch ganz passabel, zumindest für einen Kaffeetrinker.

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