Es gibt so Momente, da weiss man gar nicht, was man vor sich hat. Und später wundert man sich dann, wie das eigentlich sein konnte.
Nehmen wir einmal untenstehendes Foto. In einer Woche ist es genau ein Jahr her, dass ich es, mehr aus einer Laune heraus, geschossen habe. Es war der erste Tag, an dem Hell Dlalle in China war, und wir zwei beiden sprangen über die Wangfujing, worüber ich dann ja auch gleich kurz einmal berichtet hatte.
Einmal rauf die Strasse und auf der anderen Seite wieder herunter. Da gibt es anderswo deutlich uninteressanteres, wenngleich es sich eigentlich nur um eine Einkaufsstrasse handelt. Am Ende (oder Anfang) stiessen wir auf einen Fotoladen. Recht unspektakulär und nach Touri-falle aussehend. Im Fenster lehnten diese drei in Goldrahmen eingefassten Bilder.
Ich weiss noch, dass wir uns angeregt darüber unterhalten hatten, ob diese nun drei verschiedene Männer zeigen, oder ob das auf jedem Bild der Mao war, nur halt in verschiedenen Altersstufen. Das Chinesische konnten wir ja nicht lesen und irgendwie war’s uns auch nicht so wichtig. Wir haben nur ein wenig darüber geschmunzelt, wie man derlei offensichtlich billige Posterimitate für Touristen so aufgemotzt ins Fenster stellen kann. Die Zeit für diese Art von Portraits war ja wirklich längst um.
Zwölf Monate später lese ich in der Oktoberausgabe des Time-Out Beijing nun dieses:
Das China Photo Studio ist das weltweit einzige authorisierte Geschäft, das diese drei offiziellen Porträts von Chinas vergangenen Führungskräften ausstellen darf. Warum? Weil sie die Originale sind! Und weil diese Originale in genau diesem Geschäft entstanden sind. Urheberrechtlich einwandfrei.
Das Studio wurde 1937 in Shanghai gegründet und zog 1956 nach Peking um, weil es der damalige Premier Zhou Enlai nun einmal so wollte. Und dieser begründete dann auch die Dreierreihe mit seiner Ablichtung im ersten Jahr. Selbstredend haben die Inhaber nie wieder Sorgen aufgrund ausbleibender Kundschaft gehabt, und man reist wohl auch heute noch von weit an, um sich hier vereweigen zu lassen und etwas vom Geist der Macht aufzuschnappen.
Siehste, so kann man sich täuschen. Ich werde demnächst auch mal einen Termin dort machen. Vielleicht wird dann ja noch was aus mir.