Archive for the ‘Essen’ Category

(Deutsch) Authentisch!

Mittwoch, Januar 27th, 2010

“Da musst Du UNBEDINGT mal hin”!

Wenn einem in China dieser Satz über den Weg läuft, kommt er mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit aus dem Mund eines Ausländers. Dieser dürfte sich dann mit verschwörerisch verklärtem Blick in eine Schilderung verleidenschaftlichen, die der folgenden ähnelt:

“Das ist das beste, was Du je gegessen hast. Irre. Einfach irre. Der Laden liegt ganz versteckt, den findet nicht jeder. Ist so ein ziemlich herunter gekommener Schuppen, die haben auch nur vier oder fünf Tische. Also, aufs Klo willst Du da nicht unbedingt gehen, das sag ich Dir. Aber es ist halt einfach völlig authentisch. Wir konnten gar nicht genug bekommen.”

Vom Lexikon als “echt” und “original” bezeichnet, bekommt die kleine lustige Vokabel “authentisch” in China ein schizophrenes Eigenleben, das seine eigene Bedeutung verlebt.
Als Neuling weiß man das noch nicht. Und so pilgern unablässig Frischlinge zu den authentischsten Plätzen der Umgebung und verbreiten anschließend in gutem Glauben die Sawyer’sche Theaterbegeisterung.

Wer etwas länger im Land ist, dürfte einer als authentisch beschriebenen Location relativ wenig Interesse entgegenbringen. Er weiß: Authentisch bedeutet in diesem Zusammenhang hoffnungslos alt, zerfallen und besorgniserregend hygienefrei. Mehr nicht. Es ist erstaunlich, aber es stimmt: mehr nicht!

Aber wer nach China kommt, ist praktisch zwangsläufig auf der Suche nach Unterschieden, dürstet nach Kulturschock und bejubelt jeglichen Kontrast. Sonst hätte man schliesslich auch nach Mallorca fliegen können.
Nein, wenn man schon den weiten Weg auf sich nimmt, dann soll es auch was bringen. Immerhin warten Freunde und Kollegen zuhause auf haareraufende Geschichten. Die Skandalsau in uns allen grunzt nach Futter. Und zur Not wird dem Kontrastregler halt einfach ein wenig nachgeholfen.

Nach einer Weile Aufenthalt sind schließlich alle offensichtlichen Differenzen zwischen hier und daheim abgefeiert. Und was läge also näher, als zum Experten des “echten alten” Chinas zu werden? Dann würde man auch den hier ansässigen Kollegen tolles erzählen können.

Wie wunderbar also, wenn man wieder einen Laden gefunden hat, dessen Interieur von Maos Urgrossvater gestaltet worden sein könnte! Meist ist es auch von diesem das letzte Mal gereinigt worden. Aber das macht die Sache eher noch interessanter und eben erst recht so richtig authentisch.

Man bestellt quer durch die Karte und probiert was das Zeug hält vermeintlich geheimtippsige Getränke ohne Aufdruck von Haltbarkeitsdatum. Keine Sorge – wenn es authentisch ist, dann kann es nicht schädlich sein. Ach wie schön – das ist das echte China! Und das kann man nur finden, wenn man die ganz versteckten Plätze auftreibt.

Komisch eigentlich, dass dann dort abgesehen vom Personal keine Chinesen sind. Der Tipp zu dem Restaurant kam auch nicht von Herrn Li, sondern Herrn Meyer.

Inhaber und Angestellte jener Etablissements haben sich längst mit der wunderlichen Tatsache abgefunden, dass die komischen Ausländer es so haben wollen. Wenn man sie (auf Chinesisch) fragt, geben sie recht schnell und offen zu, dass sie es nicht verstehen und selbst eher woanders dinnieren würden. Aber wenn sich damit ein Geschäft machen lässt, dann bitte sehr. Und die Geschäfte laufen gut.

Die echten Chinesen sitzen dann derweil unweit der Bruchbude in moderner ausgestatteten Restaurants.
Deren Küchengeschichte reicht jedoch Generationen zurück, wie man mit wenig Aufwand erfahren kann. Im Laufe der Dekaden ist man nur in größere und komfortablere Immobilien gezogen, um dem Ansturm der Gäste gerecht zu werden. Dennoch sind jeden Abend alle der unzähligen Tische mehrfach belegt.

Erinnern wir uns an eine bekannte Weisheit: wer im Ausland gute Küche sucht, sollte dort essen, wo die Einheimischen essen.
In die Eingänge dieser Restaurants verirrt sich aber fast nie ein Laowei (spöttisch für “Ausländer”). Viel zu unscheinbar und viel zu wenig authentisch.

Ironischer Weise ist das Restaurant damit das besser versteckte. Und den Herrn Meyers und Johnsons entgeht so das beste Essen. Und das müssten sie WIRKLICH mal probieren!

Das fängt ja gut an: Fischkopf vs. Fischkopp mit Dehnbarem

Dienstag, Januar 5th, 2010
Heute gehen wir mal so richtig lecker essen!

Dieser Satz steigert ungemein eines der wunderbarsten Gefühle der Welt: Vorfreude. Im Anschluss daran folgt gemeinhin der ein oder andere Vorschlag für den Ort des Geschehens und ein erwartungsfroher Blick auf die Uhr.

Im Mund spielt sich derweil ganz ähnliches ab: aufgeregt laufen die Geschmacksknospen umher und diskutieren wild mit den Armen fuchtelnd, wie man sich bestens auf Rosmarin, Thymian oder Bratkartoffeln vorbereitet. Da wird das Begrüßen der verschiedensten Glukose- und Saccharid-Verbindungen geübt und die LaOla-Welle für den Shiraz.

Im Lande Maos läuft es freilich ganz ähnlich. Auch hier kommt Stimmung auf, und die kleine Schar der Abschmecker gerät ins Frohlocken. Sie haben sich mit den hiesigen Aromen bereits etwas bekannt gemacht.

Einzig wenn man mit einer rein chinesischen Runde auf unbekanntes Restaurant-Terrain gehen soll wird der Langzeittourist etwas vorsichtig. Denn da weiss man ja nie so genau, was die Hand zum Munde führen soll.

Aber Kneifen ist nicht. Und so findet man sich wenig später wieder einmal in einem Geheim-tipp Tempel mit mindestens hundert Tischen wieder. Erneut könnte man jeden Tag an der Eingangstür vorbei laufen ohne auch nur zu ahnen, welch enorme Verköstigungskapazität dort hinter unscheinbarer Tür wartet.

Das geht anderen offenbar auch so – Nach Betreten stellt man fest, dass man der einzig Anwesende ohne chinesischen Pass ist. Da weiss man genau: Aha, das ist ein sehr lokales Lokal und touristisch noch unerkundeter Boden. Die Bestellung überlässt man anderen, weil man sich noch über die Aquarien mit den Schildkröten Gedanken macht. Dass diese nicht der Dekoration dienen ist bekannt. Und so hofft man der Dinge, die da nicht kommen mögen.

Gottlob taucht dann auch kein gehexelter Schildbürger auf. Stattdessen ein Teller mit 40cm Radius. Auf diesem ein großer Haufen Dingens mit viel Zeug. Der lapidar dahin geworfene Ausruf “Fisch” mit Fingerzeig Richtung Megateller beruhigt. Und so greift man fleissig zu. Die kleinen Racker auf der Zunge melden eifrig “töfte Sache” und gehen pflichtbewusst ihrer aromatischen Arbeit nach. Die den Teller umzingelnden Beilagen fragt man gar nicht erst ab, sondern genießt die schmackhafte Wahl. Und das ist sie in der Tat.

Irgendwo Mitte der zweiten Portion wird man ob der zufriedenen Gesichter der Restanwesenden stutzig und fragt halbschlau “Will ich eigentlich wissen, was das ist oder lieber nicht”?

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Das grüne Blatt im roten Meer

Dienstag, November 17th, 2009

“Ich weiss gar nicht, wie die das machen – das Essen hier ist total ölig und fett. Trotzdem sind alle so unglaublich schlank”.

Abwarten und Tee trinken hilftDiesen Satz habe ich schon öfters gehört und selbst auch nie so wirklich eine Antwort gefunden. Ein Teil der Antwort mag sicher sein, dass sie sich mehr bewegen. Ein anderer, dass sie mehr selber kochen und das aus frischen Zutaten und wenig Fleisch. Süssigkeiten spielen fast keine Rolle, vor allem Schokolade nicht. Aber bei den täglich vollen Restaurants kann all das noch nicht ausreichend erklären, weshalb ein großer Teil der Bevölkerung derart viel schlanker ist, als der durchschnittliche Europäer.

Dank der intensiven Recherche von Ninik und Ferdi sind wir des Rätsels Lösung nun aber auf der Spur. Es scheint, als läge die Antwort im Abwarten und Tee trinken. Zumindest wenn letzteres ein grüner ist.

Grüner Tee ist offensichtlich nicht nur gut gegen Krebs, baut Cholesterin ab und schützt vor Herzerkrankungen. Er kurbelt den allgemeinen Kalorienverbrauch an und verhindert, dass der Körper die unerwünschten Fettmoleküle aus dem Essen aufnimmt und einlagert. Diese machen also sozusagen einen auf Umsatzsteuer und bilden im Körper einen durchlaufenden Posten. Im wörtlichen Sinne.

Grüner Tee und Sojabohnen

Wem das schon bekannt war, dem ist aber vielleicht folgendes neu: Wenn man neben dem grünen Tee auch noch Sojaprodukte in seine Ernährung einbaut, ist einem zusätzlich eine Portion Collagen für Haut, Haare und Nägel gewiss und zwar ganz ohne Einspritzen. Das macht jünger und schöner und ist für ziemlich wenig Geld zu haben.

Wenn man das weiss, wird einem hier zulande so manches klar. Einen McBohne und einen Green Tea Shake bitte!

Ein Herz für Glukose

Mittwoch, Oktober 21st, 2009

Getrocknetes Fleisch in Bonbonpapier, eingeschweisste Tierextremitäten und klebrige Reisbällchen. Der Chinese weiss schon, wie man sich vom Naschen abhält.

Soll schmeckenMilka, Haribo, Toffifee und After Eight – Fehlanzeige. Wie oft schon habe ich mich mit Heisshunger in die Knabberecke stürzen und ohne die geringste Beute wieder hinausschlurfen sehen. Nüsse könnte man da noch kaufen, Vogelfutter und getrocknete Früchte, keinesfalls aber diese Plombenzieher mit Fischgeschmack, gepresstes Sonstwasmuß oder etwas anderes der unzähligen und undefinierbaren abgepackten Tütchen.

Es ist aber auch zum Haare raufen. Selbst wenn man mal einen Snickers oder eine Tüte m&m erspäht (natürlich nur im Ausländer – orientierten Teuershop), dann haben sie Kindergröße. Der Erdnussbeisser ist in etwa halb so groß wie bei uns, ebenso Mars. Twix gibts mal gar nicht und die größten Packungen m&m sind diese kleinen 25g Beutelchen. Beim Eis ist es genauso. Hat man mal ein Magnum erblickt, ist es zum einen schon ein Jahr alt und zum anderen nur halb so groß wie bei uns.

In China isst man einfach nicht gerne süß. Man kann auch niemandem so wirklich eine Freude machen. Selbst wenn man aufwändig aus Deutschland die dicke lila Tafel, das gute Marzipan aus Lübeck oder Mozartkugeln aus Salzburg importiert. Da wird einmal artig abgebissen, der Geschmack für interessant, aber erstaunlich süß definiert und dann stürzen sie sich wieder mit Vorliebe auf ihre Hummerkekse und Leberdrops.

Kein Wunder also, dass das Nachtisch-Angebot hier zulande gleich null ist. Vanille Pudding? Dafür würde ich Herrn Lis Erstgeborenen verschwinden lassen. Selbst Cola gibt es im Supermarkt zum Teil in diesen Mikrodosen, in denen sie früher einmal im Flugzeug ausgeschenkt wurde. Eine ganze 0,33 Dose wäre für manchen einfach zu viel und zu süß.

Dafür allerdings ist Brot hier gezuckert. Ja, muss man jetzt nicht verstehen. ‘Brot’ wie man es bei uns kennt, gibt es eh nicht. Aber das weisse, amerikanisch inspirierte luftige Toastgebäck wird in der Tat gerne noch mit Glasuren überzogen oder mit seltsamen Füllungen angereichert. Red Bean Bread liegt bei uns zuhause immer mal wieder rum, und es ist praktisch ein Hefezopf mit versüßtem Bohnenmuß. Mahlzeit. Gut, dass man an Wurst auch nicht so gut rankommt. Das wäre eine sehr spezielle Mischung.

Wie schön also, wenn man mal auf den Flughäfen der Welt unterwegs sein darf. Dann lacht das Kinderherz. Zumindest wenn es aus Europa kommt. Manchmal kommt es eben doch auf die Größe an.

Schoki fürs Herz

Heute ein König

Donnerstag, August 27th, 2009

Beim Tenor ein wenig hinten fröscheln, in der Brieftasche nur ein paar Kröten und manchmal ein echter Knallfrosch: meine Beziehung zum lurchigen Rumquaker ist oft erschreckend nahe.

Aber ich will hier nicht groß unken, denn es gibt Schlimmeres. Zum Beispiel ein echter Vertreter dieser glupschäugigen Zunft zu sein. Denn das hätte mich vergangenen Sonntag direkt auf die andere Seite von Tisch und Teller geführt. Laichenblass sozusagen.

In diesem Fall aber blieb alles so wie es sich gehört: vor dem Teller der experimentierfreudige Touri und auf dem demselben die erwähnte amphibische Mahlzeitfamilie in Gestalt von Uwe Ochsenfrosch und seinen Kollegen.

Scharfer FroschFroschbein mit FussFroschmahlzeit

Ochsenfrosch. Mag der erste Teil des Wortes noch allzu vertraut nach Steak und Schaschlik klingen, der Gesamtbegriff ist trotzdem gewöhnungsbedürftig, wenn es um das Abendessen geht. Da schaudert es schon mal, wenn man zu viel darüber nachdenkt. Also tun wir das einfach nicht so viel und bestellen die Fuhre hüpfenden Knabberkram einfach. Die Franzosen essen das ja auch. Hei, da sind wir schon wieder bei der Ähnlichkeit von Jean-Jaques und Herrn Li. Die beiden sind aber auch verflixt oft Brüder im Geiste.

Die Schüssel kommt und in der verboten scharfen Suppe schwimmen in der Tat so an die 15 Frösche. Jetzt wird es ernst. Gleich beim ersten Griff geht es los: die Stäbchen ziehen ein Bein komplett mit schwimmbehäuteten Fuss heraus, der den Eindruck macht, als würde er am liebsten sofort nach Hause hüpfen wollen. Ab hier setzt das erprobte ‘nicht lang schnacken,…’ ein und somit wird der letzte Amtsgang des Springmeisters am Gaumen der Bewertungsfreudigkeit enden.

AbgefroschtSeufz, immer diese Foreigners...Ein heilloses Durcheinander danach

Und dieser meldet, ganz wie erwartet: Lecker Hähnchen. Moment mal – Broiler? Das ist doch etwas weit hergeholt!? Nein, in der Tat. Auch der zweite Biss wird unbeeindruckt vom Knospenmeister auf der Zunge durchgewunken. Hähnchen und basta. Verstehen muss man das nicht, nur herzhaft zubeissen.

Das allerdings ist etwas, das sich dann doch eine Spur schwieriger gestaltet als beim Grillimbiss. Immerhin ist an so einem grünen Freund alles recht klein und man kaut schon mal auf Dingen herum, von denen man gar nicht erst wissen will, wo sie anatomisch zu finden sind. Alles in allem aber einfe sehr empfehlenswerte Mampfabwechslung. Das kann man sich ruhig mal wieder geben.

Brat Brat

Donnerstag, August 13th, 2009

Es muss ja nicht immer Seltsames sein. Würmer und Insekten – das ist schliesslich nun wirklich nicht das täglich Brot. Oder die täglich Reisnudelsuppe. Und deshalb zur Abwechslung heute mal ein kurzer Bericht über mein liebstes Lieblingsgericht, den 考据 (kǎo jù). Hierbei handelt es sich um einen Meeresbewohner fischiger Art, der solange mit Gewürzen beworfen wird, bis er sich freiwillig in eine handelsübliche Ofenform legt. Die Fischgattung ist…na, diese Dingens. Ach, die gibts ja eh bei uns nicht, drum macht es auch keinen Sinn, nach dem Namen zu fragen. Fing Fang Fischelfong oder was ähnliches dürfte es sein.

Schmuddel-Mampf ist inFritzes FischAuf gehts

Nun jedenfalls kann man anhand der fotografischen Dokumentation recht schön erkennen, dass er besser mundet als Hühners’ Gebein. Und das ist auch kein Wunder, denn nach alten Socken kann dieser kaum schmecken. Tief vergraben unter einem Haufen der erwähnten Kräuter, allerlei Zeugs und noch die ein oder andere Portion Gedöns dabei schlummert so ein Kilo entschuppter Schmackhaftigkeit nicht allzu lange vor sich hin. Ihn bis auf die letzte Gräte frei zu legen erfreut den Gaumen und das Herz. Zumindest auf meiner Seite des Tisches. Die andere Seite hat oft wenig zu lachen. Schliesslich ist das hier nicht grad das Land der Rücksicht und so kämpft hier jeder für seinen eigenen Bauch.

Lecker schmecker!Wer zuviel Reis ist, kriegt halt wenigerSoviel dazu...

Erwähnenswert wäre noch, dass man bei der Bestellung dreimal ‘NICHT scharf’ sagen muss, damit man zumindest noch ungehindert atmen kann, sobald man die ersten Bissen runter hat. So richtig ohne Scharf kennen sie ja nicht, die guten Küchenhilfen. Aber das wäre ja auch langweilig.

Einzige Hürde – DIESES Essen kann man praktisch nicht ohne Beisein von Eingeborenen bestellen, denn in Foreigner-freundlichen Läden ist er nicht auf der Karte, der in vielen Variationen erhältliche Flossenhoppler. Dafür muss man schon zu den hippen ‘Schmuddel-Ins’ gehen, die allesamt in Europa vom Ordnungsamt geschlossen werden würden, sich niemand mit gesundem Menschenverstand hinsetzen würde und vor deren klapperigen Türen auch mal der ein oder andere Ferrari oder Maserati parkt – auch im Reich der Mitte ist Understatement hin und wieder schick.

1:0 für das Huhn

Montag, Juni 29th, 2009

Das Hähnchen. Kross-gewordene Gaumenfreude, Aromaspender für hungrige Nasen und spießrotierender Blickfang. Für manchen die Einleitung zum Wochenende, für andere ein willkommenes Kantinengericht. Da weiss man, was man hat. Zwei saftige Schenkel, ebenso viele abknabberfreudige Flügelchen und dazu zarte Hähnchenbrust mit knuspriger Haut.

Man darf darüber streiten, welches dieser drei Teile besser schmeckt. Nie aber käme es dem Bratkartoffelbeilagenbesteller in den Sinn, dass so ein Tier auch noch andere Teile haben könnte, die zu verspeisen lohnen. Dafür hat der Herrscher über Angebot und Nachfrage aber die Landsleute des Herrn Li erfunden.

Ein Tablett des Grauens

Als ich das erste Mal von den fast zur Nationalspeise erhobenen Hühnerfüssen hörte, hat es mich gleich durchgeschüttelt. Gehören diese qietschroten Gummitreter doch nun ganz klar zu den NICHT essbaren Teilen der gluckenden Mahlzeit. ‘Ach, aber Skorpione und Würmer sind kein Problem?’ Diese Frage musste ich mir nun monatelang gefallen lassen.

Das klingt zwar erst einmal logisch, lässt aber ausser Acht, dass solch Kriechzeug nun einmal dermassen undenkbar als Hauptspeise sind, dass der Kopf hilflos abschaltet und sich mit einem ‘was solls, wenn sie sagen, dass man es essen kann, dann kann man wohl’ zufrieden gibt. Nicht so bei Gockellatschen. Der Geschmack von Hähnchen ist wohl bekannt und auch der Geruch von Broilern VOR dem Braten. So weiss der Kopf sehr genau, was er da vor sich hat und kann dazu umfassend eine Meinung bilden, noch bevor man die Hand zum Fuss gestreckt hat.

Zustand beim EssenDennoch musste es ja mal sein und so sah ich mich nun diesen kleinen Tretern gegenüber, die sich in einer Schale auf unserem Tablett stapelten. Sie waren kalt. Die Chinesen haben einen großen Bezug zu kalten Speisen, die zu jedem kompletten Mahl gehören. Is nix für den Jung’ ausm Norden, aber man will sich nicht immer sträuben. Mit den Stäbchen liess sich die Klauenspeise ganz gut greifen und von Nahem betrachtet sah sie auch nicht schlimmer aus, als von weitem. Also Mund auf und rein.

Ja, und was dann kam, das ging so: Zuerstmal sind dort eine ganze Menge Knochen in so einem Fuss. Diese soll man im Mund frei kauen und dann wieder nach draussen befördern. Prinzip Fischgräte also. Wir haben aber vorhin ja bereits einmal den Kopf thematisiert. Dieser neigt dazu, bei fremden Dingen im Mund mit Hochleistung Vergleiche anzustellen. Und so hat es leider nur wenige Sekunden gedauert, bis mir mein Vorstellungsvermögen eine Babyhand im Mund vorgaukelte.

Die gleichen kleinen Knochen wie bei der menschlichen Hand, die gleichen Hautfalten im Gelenkknick und am oberen Rand des Hühnerfußes schaute auch noch ein großer Knochen heraus, der Elle oder Speiche sein mochte. Das war zu viel. Als mir Amanda dann noch einen ‘stinky Tofu’ unter die Nase hielt, rief mein Magen mir nur ‘Mahlzeit’ zu und drehte sich vor lauter Freude um.

Den Rest des Essens saß ich recht still und betreten da und vermied, von Hühnern mit Füßen getreten, den Blick aufs Tablett. Man muss auch mal verlieren können.

Aber es wird ein Rückspiel geben.

Andere Essensgewohnheiten

Montag, April 13th, 2009

Delivery and I'm lovin' itJajaja, jetzt denkt wieder jeder, es ginge um Würmer, Ratten und Hunde. Aber mitneffen, wie der große berühmte Dichter aus Wellingsbüttel so treffend hinten gereimt hat.

Diese Winzigkeit eines Blog-Posts widmet sich der Differenziertheit der Wahrnehmung von Restaurantketten.

So wird Pizza-Hut hier als gehobenes westliches Restaurant wahrgenommen. Es ist zudem beinahe unmöglich, ohne Reservierung einen Tisch dort zu bekommen und das Interieurdesign hat ungesehene Qualität.

Burger King gibt es auch in Peking. Ein einziges Mal – nur am Flughafen. Dafür trifft man überall auf Starbucks und Subway.

Ja und das beste überhaupt – McDonald’s liefert. Wenn ich es nicht fotografiert hätte, glaubt mir das zuhause doch kein Mensch!

Next Level up: Skorpion vs. Skorpion

Sonntag, November 16th, 2008

Auch ohne Chinahannes, wenngleich nicht annähernd so spassig, wird das Projekt ‘Komische Sachen essen’ gewissenhaft vorangetrieben.

Und da wir uns jahreszeitlich gerade im Sternzeichen des Skorpions befinden, in dem ich selbst heimisch bin, liegt es quasi auf der Hand, sich genau diese Sternenverwandten einmal aus der Nähe anzusehen. Frei nach dem Motto unverhofft-kommt-oft wurde am letzten Donnerstag also aus dem geplanten Hotpot-Essen wegen Überfüllung des Restaurants spontan ein Haus weiter eine erneute Reise ins Wunderland der Essbarkeiten.

Bei der mühsamen Reise ins Restaurant (Fahrstuhl nach oben, einmal rechts durch den Saal, dann links, um die Figuren herum, in die große Halle, dann hinten quer reingehen zu Tisch Nr. 47. Alles in allem knapp 150m Weg und das alles innerhalb eines einzigen Restaurants) hätte mir schon aufgehen müssen, dass dies nicht die durchschnittliche kulinarische Abendveranstaltung werden würde. Eigentlich hätte es nur Beijing Kǎo yā geben sollen, aber da ich der hiesigen Ente bereits vor zwei Wochen auf der Brust rumgekaut hatte, haben Amanda und ich uns in einem Anflug geschmacklicher Umnachtung nicht nur für die Entenherzen, sondern auch für …(Gongwirbel)… die Skorpione entschieden.

Also fix die ‘speziellschmeckende’ chinesische Variante eines Merlot runtergekippt und dann den winzigen Kollegen auf die Scheren geguckt. Drecksmist. Wer war eigentlich so bescheuert, dem fúwùyuán ernsthaft diese Bestellung aufzugeben? Nee, warte mal, ich hab eigentlich doch gar keinen Hunger, merke ich gerade. Sch…, da ist alles dran: Füße, Handschuhe, Parka und sogar der Stachel in seiner ganzen Schrecklichkeit. Urgs… Hannes!! Wo bissu, wenn man Dich braucht? Ok, versuchen wir es mal von der rationalen Seite zu sehen. Der Vetter drölften Grades ist vielleicht gerade mal vier Zentimeter lang. Das ist kleiner als ein Hähnchenflügel. Ich als alter wurmerprobter Allesmampfer kann doch nicht vor dem zurückschrecken, was Millionen durchgedrehter Chinesen vor mir bereits weggeknabbert haben.

Dass Amanda genau so viel Bedenken hatte wie ich, machte die Sache nicht gerade leichter. Na toll, auf die Chinesen ist auch kein Verlass. Nicht mal selbst mögen sie ihr eigenes Zeug essen. Andererseits würde ich als Norddeutscher auch keinen Labskaus essen. Und der hat nicht mal Scheren.

Ganz locker wollte ich die schrecklose Wurmnummer ‘und-happs-und-wech’ machen, aber der Kopf spielt etwas anders, wenn man den Giftstachel bei 6000Kelvin Farbtemperatur in der 60Watt Deckenbeleuchtung (fiese Lichtmischung für einen Fotoapparat, wie man sehen kann) glänzen sieht. Die Scheren zum Kampf erhoben schien mir mein gepanzertes, aus der Gattung der Spinnentiere stammendes Gegenüber grimmig ‘isch mach Disch feddisch’ entgegen zu knurren. Das bremst die schwungvolle Bewegung zum Mund so zuverlässig wie die aktive Geschwindigkeitsregelung die neue BMW 7er Limousine.

Und nach kurzer stiller Unterhaltung mit dem kleinen Rambo (Es ist nicht so, wie Du denkst…alles nur im Sinne der Forschung,…) habe ich mich doch getraut. Rein das Teil, Klappe zu und ohne weiteres Nachdenken draufgebissen. Es knuspert ein wenig mehr als beim Bambuswurm und man spürt, dass sich Kleinteiligeres im Mund befindet. Hier mal ein Beinchen, dort eine kleine Schere…

In Wahrheit kann man natürlich im Mund überhaupt keinen Unterschied zu, sagen wir mal, fritiertem Kraut feststellen. Und so spielen sich Abneigung und Ekel auch hier wieder nur im Kopf ab, nicht im Mund.

Geschmacklich rangiert der Skorpion in einer Liga mit dem Bambuswurm. Man identifiziert hauptsächliche die übliche, leicht fettige Note eines Deepfried Gerichtes. Und drum konnte man auch gleich nach dem Durchkauen wieder grinsen. Voller Stolz, versteht sich.

Mission erfüllt, auf zu nächsten Herausforderungen.

Der billige kleine Puff um die Ecke

Mittwoch, November 12th, 2008

Jetzt haben sie uns. Vier Wochen lang ging es gut, aber nun ist alles vorbei. Nur drei Gehminuten vom Büro hat eine Filiale der koreanischen Konditorkette ‘Tous Les Jours’ Tür, Tor und Backofen geöffnet und wirft seitdem mit kalorienhaltigen Teilchen und lauter unverständlicher Musik um sich.

Eine Filiale dieser Kette versetzt den Kunden direkt nach Nizza in die kleine Patisserie um die Ecke. Nur eine Winzigkeit würde der nörgelnde Westerler ändern: Ein flöhliches “Bonjour” gäbe dem Anbiente die letzte Finesse, klingt es doch weitaus authentischer als ein von 12 Angestellten geschmettertes “huānyíng”. Im Sinne der Authentizität haben sie aber zumindest die Fähigkeit der Franzosen perfekt imitiert, mit acht Angestellten keine drei Kunden innerhalb von zehn Minuten bedienen zu können.

Aber zurück zu den verkauften Leckerlis. In Hamburg könnte man sich noch über den Preis rausreden — ein Becher solcher Sahneleckerschmeckereien schlägt dort mit geschätzten 8 – 16 Euro zu Buche. Aber der hiesige Ort der Sünde verlangt für 1870 Kalorien nicht einmal zwei Euronen.

Und bei den Attributen süß und billig und den willigen Kunden mit den gierigen Augen ist es nur konsequent, im Angebot auch einen sogenannten ‘Mini Puff’ zu haben, eine Schale mit ZWANZIG Windbeuteln für knapp zwei Euro.

Ich frage mich eigentlich nur noch, wie sie es geschafft haben, den Laden wirklich ziemlich genau auf dem Weg zum Fitnessstudio zu platzieren. Da steckt doch wieder der unermüdliche Herr Li dahinter….

Zum Wochenende in den Supermarkt

Freitag, Oktober 31st, 2008

“Voll bepackt mit tollen Sachen, die das Leben schöner machen, …” — der Supermarkt ist Quell der Freude, Wegbereiter fürs Wochenende und Spender leiblichen Wohls.

So zumindest kennt man die Rewes, Spars und Edekas unserer Breiten- und Längengrade. Seit meiner Kindertage habe ich den Supermarkt immer als Ort der Versuchung wahrgenommen, in dem man sich bremsen muss, um nicht zu sehr zur Kasse gebeten zu werden, weil der Hunger wieder einmal mit shoppen war.

Mit dieser Einstellung betritt der geneigte Westler den Food-Bereich eines hiesigen Lebensmittelhändlers und staunt nicht schlecht und kommt aus diesem auch bei weitem nicht so schnell wieder heraus wie aus dem Laden selbst.

Und dabei fängt alles noch sehr verheissungsvoll an: Auf chinesisch direktem Weg muss man zum Eingang nur vorher eine Etage Rolltreppe nach unten fahren, planlos rumlaufen, wieder eine Etage nach unten roller, den versteckten Eingang finden, einmal quer durch den Laden laufen und am Ende der Hygieneabteilung wieder eine Rolltreppe nach oben tuckern. Dann ist man auch schon da. Hoffentlich hat man an den Wagen gedacht, sonst muss man sich durch einen Indoor-Bazaar kämpfen, wieder eine Rolltreppe nach oben rödeln, aussen um die Frontseite des Gebäudes joggen, drinnen erneut zwei Rolltreppen runter, jetzt weiss man das ja, dann einmal quer durch den Laden auf der Suche nach den Einkaufswagen, wieder umdrehen, zurück auf halbem Weg einfach jemandem einen klauen… der Rest ist bekannt.

Auf dem von mir “Rolltreppe der Versuchung” getauften Schnarchband tuckert man dann MIT Wagen bei 1km/h solange an Chips- und Kekstüten vorbei, bis man, oben angelagt, völlig wahnsinnig drei bis elf dieser Dinger an sich gerissen hat und nur von Glück sagen kann, dass der Rest des Ladens einem den Heisshunger wieder austreibt:

Es gibt keine Wursttheke. Keinen Aufschnitt, nix mit Nutella. Margarine Fehlanzeige, Tomatensuppe is nich, Paprika, Gurke und dergleichen Exotisches such ich noch. Sehr einfach zu bekommen ist auf der anderen Seite alles mögliche in getrockneter Form. Auch Dinge, die man eigentlich gar nicht trocknen kann. Und wer lebendiges Essen mag, wir hier vom kleinsten Fisch bis zur Schildkröte fündig. Es gibt Köpfe, Füße, Schwabbeliges, Gnubbeliges, Dinge mit Stacheln, mit Noppen, mit Frisur oder ohne, mit Flossen, Schuppen, Augen. Sogar plattgefahrene Enten.

Und von einer Gattung gibt es einfach endlos viel: “Dinge, die ich nicht kenne, 600″. Und so ist meine Ausbeute bis heute nur ein 5L Kanister Quellwasser, ein Block Butter, 6 Weissbrotkringel und eine Erbeermarmelade. (Haltbar bis 07/2008, womit sie die frischeste im ganzen Regal war). Mein Kühlschrank schüttelt noch immer mit dem Eisfach.

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In Peking eine Ente

Mittwoch, Oktober 29th, 2008

Was wäre ein Besuch in Peking, ohne sie probiert zu haben: die “Beijing kǎo yā”?

Und so musste er gestern ran, der Vogel, den man auch in Deutschland auf der Karte beim Chinesen um die Ecke finden kann. Nur sieht er dort halt deutlich anders aus.

Alles fing an mit dem vermummten Koch, dem das Messer an die Hand gewachsen sein musste, und der das noch am Stück befindliche Tier wie im Fluge vor unserem Platz in mundgerechte Stücke schnitt.

Die Ansammlung an Gemüse, Soßen und sonstigem auf dem Tisch ließ bereits vermuten, was wir eh schon ahnten: Eine traditionelle Pekingente haben wir bislang noch nie in unserem Leben gegessen.

Und so gestaltet sich das Verspeisen derselben dann auch eher überraschend: Wie die Fajita beim Mexikaner oder die Gyros Pita beim Türken. Zwei oder drei der dünnen Entenscheibchen werden auf einem Teigfladen drapiert oder in eine -tasche eingesteckt, mit Gemüsestreifen flankiert, pulvrig bestreut und mit Soße hinter den krustigen Ohren eingerieben. Dann zusammengelegt oder gefaltet, mit den Händen gegriffen und zugebissen. Eine willkommene Abwechslung im Land der Besteckstelzen.

Geschmackliches Fazit: Sehr lecker, wird jedoch im Wettkampf der aromatischsten Gerichte nicht auf den vorderen Plätzen landen. Dazu hat China einfach viel zu viel Auswahl an unbekannten Gaumenfreuden zu bieten.

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Level cleared: Die Bezwingung des Wurms

Mittwoch, Oktober 22nd, 2008

Ein Mann muss tun, was ein Mann eben tun muss. Eine Frau sowieso und für Würmer gilt das gleichermaßen.

Für Mann und Frau hieß das heute Abend aktiv zubeißen und für den Wurm zurücklehnen und die Show genießen.

Ort des Showdowns zwischen Mensch und Made (im Richtigdeutsch heisst der Bamboo-worm Bambusmade) war das Middle 8th Restaurant in Sanlitun. Sehr empfehlenswert für gutes Essen, gute Laune und Chopsticksalti.

Nachdem wir uns nun also bereits den ganzen Tag gegenseitig hochgeschaukelt hatten, und Hannes, Meike und ich kurz davor waren, die achneeheutedochnicht-Nummer zu bringen, haben wir sie dann doch ganz fix bestellt. Und als sie pünktlich zum kulinarischen Date an den Tisch kam, war sie nicht allein, sondern brachte ihre gesamte Familie inklusive Freundeskreis mit. Kess räkelnd lagen sie auf ihrem Bett aus Grünzeug und grinsten uns hämisch an.

Sollten wir wirklich? Wie schmeckt so ein Wurm? Wie weit ist die Toilette weg, haben wir genug zu trinken, was ist der Notfallplan und kann die Welt überhaupt ohne uns weiter existieren?

Wir taten das einzig richtige, ließen die Fragen Fragen sein und taten ihnen an, wofür wir sie bezahlten: Mund auf, Made rein, drölf mal kauen, Tsching.

Und wie schmeckt so ein madiges Abendessen? Tja, man muss beinahe enttäuscht eingestehen, dass es außer dem leicht nussigen Aroma nach nicht viel schmeckt. Die Konsistenz ist der von gut durchgebratenen, dünnen Bohnen nicht unähnlich, und das ganze hat so überhaupt nichts widerliches. Es schmeckt wirklich gar nicht schlecht. Und so dauerte es auch nicht lange, bis die drei Madenbeisser die kleinen Dinger weggeputzt hatten. Nach einigen Recherchen hat Hannes herausgefunden, dass die Bambusmade, wenn sie erwachsen ist, und ihren Flugschein gemacht hat, Rüsselzünsler genannt wird. Jede Verwandschaft zum großen grauen Dickhäuter Afrikas ist jedoch trotz des Names ausgeschlossen.

Nicht ganz so leicht war die Nummer mit der Schüssel Krabben im Stück. Diese auseinander zu klamüsern war das reinste Geduldspiel. Aber immerhin ein leckeres.

Als nächstes wollen wir mal sehen, wo man die gerösteten Heuschrecken bekommt, die unsere Mauerfrauen auch so gern mögen. All die tollen Fotos in diesem Beitrag sind übrigens freundliche Leihgabe von Meike. Dō xiè!

Hannes im Glück: Großer Hunger, kleine Fischstücke

Mittwoch, Oktober 22nd, 2008

Wenn der “fú wù yuán”, also der Kellner Dir sagt, das Essen, was Du gerade bestellen möchtest sei recht viel, dann sollte man schon mal darauf hören.

Diese Erfahrung durfte Hannes heute Mittag machen. Der heutige Tag steht unter dem Motto ‘Mut beim Essen’, und der Plan ist, sich am Abend an Bambuswürmer heran zu machen. Kollege Übereifrig hat mittags jedoch schon mal streberhaft vorgreifen wollen und sich eine Fischsuppe bestellt.

Das ist eine Schüssel mit allerlei Zeugs wie die von uns frisch getauften Stützstrümpfe (vermutlich eine Nudelart, mit leichter Perforation), Ausland-Pilzen (inklusive Fotoapparat auf dem Bauch, auf dem ein Bild vom Koch mit hoch erhobenem Messer drauf ist) und ein ganzer Fisch. Wirklich, ein ganzer Fisch. Ein ganzer. Mit allem, was so ein Fisch halt hat: Schuhe, Schal, Sonnenbrille und iPod. Bißchen drauf rumgeklopft, zack, rein in die gute Schüssel, dreimal umgerührt und fertig. Bei der Menge half auch die Unterstützung von drei Kollegen nicht, mehr als die Hälfte zu verdrücken. Bin mal gespannt, wie das heute abend bei den Würmern wird.

Zahnarztpfeffer auf Speed

Mittwoch, Oktober 15th, 2008

Nicht neu auf der Welt, aber von mir zum ersten Mal entdeckt ist der Szechuanpfeffer, den man wohl auch Bergpfeffer, chinesischer~, japanischer~ oder von mir ab sofort Zahnarztpfeffer nennt. Der Witz ist, dass dieses Gewürz mit den Zitrusfrüchten, nicht mit dem schwarzen Pfeffer verwandt ist und dass man seine Kerne entfernt, um nur die Schale zum Würzen zu verwenden. Auf einem Gericht mit Szechuanpfeffer sind knapp 10 – 20 dieser Kapseln verstreut.

Der hier abgebildete kleine Scheisser von heute Mittag ist knapp 1,5mm klein und macht Rabatz wie ein Großer. Ach, ich hatte ja noch gar nicht gesagt, WAS der Kollege kann. Also bitte:
Man stelle sich eine Behandlung beim Zahnarzt vor, bei der die Zunge betäubt wurde. Ungefähr eine Stunde nach Behandlung setzt dieses Gewebe-Erwachen ein, bei dem die Zungenoberfläche kribbelt. Genau das passiert bei diesem Pfeffer. Denn die in der Schale enthaltenen Amide betäuben die Zunge, wobei man ein sehr intensives Geschmackserlebnis irgendwo zwischen Zitronengras und Nelke hat. Dabei zwirbelt einem eine nette Schärfe (ähnlich der japanischen Wasabi-Schärfe) über die Geschmacksnerven, um schließlich nach wenigen Minuten Betäubung die Zunge in den erwähnten Kribbelzustand zu versetzen. Sehr coole Nummer.

Wenn man allerdings zuviele von diesen Körnern gleichzeitig zerkaut, machen die Speicheldrüsen derart die Schleusen auf, dass man sich selbst praktisch ertränkt und nur noch hilfesuchend nach dem nächsten Glas Cola umher rennt. Das Zitronige wandelt sich dann schnell in den freundlichen Geschmack von Weißblechdosen. Nach 10min ist das aber auch vorbei und man schiebt wieder die Zutaten durch die Gegend, um das nächste Körnchen zu finden. Also unbedingt mal ausprobieren.