Seit drei Wochen passiert was. Und zwar an meinem Lieblingstum, dem Guomao Tower 3, von dem hier schon öfters die Rede war. Mittlerweile sind alle Bauzäune ab, umzingeln Bäume und Laternen den 500m Gigant und allabendlich darf man den in Licht gewordenen Gedanken eines LSD-Anhängers folgen.
Das größte Testbild der Welt möchte man meinen. Rhythmisch zucken Farbflächen und – zeilen über die endlosen Reihen der Stockwerke und hinterlassen Musterspuren, die zu spektral sind, um Absicht sein zu können. Dazu flitzt unablässig die ein oder andere ‘Fensterputzergondel’ mit Lampenschraubsachverständigen an der Front umher.
Abertausende dieser kleinen LEDs müssen es sein, die in bis zu acht Farben später wohl mal komplett um den Turm herumreichen. Erinnern wir uns jetzt noch an die bombastische Batman-Mond-Beleuchtungsmaschinerie, die im Kopfteil lauert, und schon ist der Brand des Oriental Mandarin Gebäudes neben dem neuen CCTV erklärt – nix Feuerwerk. Dort war das Atomkraftwerk untergebracht, das Freund Lichtorgel für den Strom braucht. Und das ist beim ersten Einschalten wohl gleich abgeraucht. Dabei sind noch nicht einmal Mieter in die unzähligen Stockwerke eingezogen. Diese haben erfahrungsgemäß Computer, Drucker, Schreibtischlampen, Wasserkocher….
Mein persönlicher Verdacht: man rüstet sich für die in vier Wochen stattfindende 60-Jahrfeier, um den Koloss dann farbenprächtig (die vorherrschende Couleur können wir uns denken) mit Spektakel endlich zu eröffnen.
Nicht nur die Polizeipräsenz hat seit Sommerbeginn wöchentlich zugenommen, mittlerweile sperrt man auch schon am Wochenende die Chang’an Street, um sich neben den tausenden dafür gepflanzten Blumenmustern ganz dem leidenschaftlichen Militärmarsch-Testen hinzugeben. Der Rest Welt soll schließlich erstaunen, ob der Leistung der Arbeitergesellschaft.
Milimetergenau werden sich Massen an Soldaten, einem Computerprogramm gleich bewegen und dort vor der verbotenen Stadt entlang schreiten, wo Mao am 1. Oktober 1949 die Volksrepublik ausrief. Ach, Herr Li, … Du hast noch so viel zu lernen über diesen Rest der Welt und was man dort für respektabel empfindet. Aber mach Du mal. Und eins und zwei…