1:0 für das Huhn

Juni 29th, 2009

Das Hähnchen. Kross-gewordene Gaumenfreude, Aromaspender für hungrige Nasen und spießrotierender Blickfang. Für manchen die Einleitung zum Wochenende, für andere ein willkommenes Kantinengericht. Da weiss man, was man hat. Zwei saftige Schenkel, ebenso viele abknabberfreudige Flügelchen und dazu zarte Hähnchenbrust mit knuspriger Haut.

Man darf darüber streiten, welches dieser drei Teile besser schmeckt. Nie aber käme es dem Bratkartoffelbeilagenbesteller in den Sinn, dass so ein Tier auch noch andere Teile haben könnte, die zu verspeisen lohnen. Dafür hat der Herrscher über Angebot und Nachfrage aber die Landsleute des Herrn Li erfunden.

Ein Tablett des Grauens

Als ich das erste Mal von den fast zur Nationalspeise erhobenen Hühnerfüssen hörte, hat es mich gleich durchgeschüttelt. Gehören diese qietschroten Gummitreter doch nun ganz klar zu den NICHT essbaren Teilen der gluckenden Mahlzeit. ‘Ach, aber Skorpione und Würmer sind kein Problem?’ Diese Frage musste ich mir nun monatelang gefallen lassen.

Das klingt zwar erst einmal logisch, lässt aber ausser Acht, dass solch Kriechzeug nun einmal dermassen undenkbar als Hauptspeise sind, dass der Kopf hilflos abschaltet und sich mit einem ‘was solls, wenn sie sagen, dass man es essen kann, dann kann man wohl’ zufrieden gibt. Nicht so bei Gockellatschen. Der Geschmack von Hähnchen ist wohl bekannt und auch der Geruch von Broilern VOR dem Braten. So weiss der Kopf sehr genau, was er da vor sich hat und kann dazu umfassend eine Meinung bilden, noch bevor man die Hand zum Fuss gestreckt hat.

Zustand beim EssenDennoch musste es ja mal sein und so sah ich mich nun diesen kleinen Tretern gegenüber, die sich in einer Schale auf unserem Tablett stapelten. Sie waren kalt. Die Chinesen haben einen großen Bezug zu kalten Speisen, die zu jedem kompletten Mahl gehören. Is nix für den Jung’ ausm Norden, aber man will sich nicht immer sträuben. Mit den Stäbchen liess sich die Klauenspeise ganz gut greifen und von Nahem betrachtet sah sie auch nicht schlimmer aus, als von weitem. Also Mund auf und rein.

Ja, und was dann kam, das ging so: Zuerstmal sind dort eine ganze Menge Knochen in so einem Fuss. Diese soll man im Mund frei kauen und dann wieder nach draussen befördern. Prinzip Fischgräte also. Wir haben aber vorhin ja bereits einmal den Kopf thematisiert. Dieser neigt dazu, bei fremden Dingen im Mund mit Hochleistung Vergleiche anzustellen. Und so hat es leider nur wenige Sekunden gedauert, bis mir mein Vorstellungsvermögen eine Babyhand im Mund vorgaukelte.

Die gleichen kleinen Knochen wie bei der menschlichen Hand, die gleichen Hautfalten im Gelenkknick und am oberen Rand des Hühnerfußes schaute auch noch ein großer Knochen heraus, der Elle oder Speiche sein mochte. Das war zu viel. Als mir Amanda dann noch einen ‘stinky Tofu’ unter die Nase hielt, rief mein Magen mir nur ‘Mahlzeit’ zu und drehte sich vor lauter Freude um.

Den Rest des Essens saß ich recht still und betreten da und vermied, von Hühnern mit Füßen getreten, den Blick aufs Tablett. Man muss auch mal verlieren können.

Aber es wird ein Rückspiel geben.

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