Auf ein neues mit Gebrüll

Januar 1st, 2009

Was tun, wenn Dinner for One ausfällt, weil N3 einfach nicht reinkommt und Fondue und Raclette nicht nur Fremd-, sondern gänzlich unbekannte Wörter sind?

Der aufmerksame Leser hat an dieser Stelle bereits bemerkt, dass es sich um die schwierigste Aufgabe des Kalenderjahres dreht: Was tun, wenn es wieder einmal völlig überraschend und ohne Vorwarnung Silvester ist?

Das völlige Fehlen von Verkaufsständen der Berliner-Mafia kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Moment der kollektiv zelebrierten Schwermut unaufhörlich näher robbt. Von wem möchte man sich in diesem Jahr fahnengestützte Zuneigungsbeschwörungen in die Nase säuseln lassen? Und vor allem wo?

Man könnte versucht sein zu vermuten, dass es anhand fehlender konkurrierender Freundeskreise im Ausland etwas leichter sein dürfte, den Jahresabschied zu planen. Doch mitnichten. Zwar fällt die Entscheidung des ‘mit wem’ deutlich leichter. Nicht jedoch das ‘was & wo’. Jede Sprache hält die passende ‘müssen wir mal sehen’ Floskel bereit.

Das Ende unseres westlichen Kalenderjahres wird hierzulande zwar medium ernst genommen, ist aber kein großer Chinaböller. Denselben lassen Herr und Frau Li nämlich erst in knapp drei Wochen hochgehen. Vorher wird sich maximal einen in den Kopf geknallt. Da so ein Silvesterabend ohne was auf die Ohren aber ödeblöde ist, wagte sich dieser experimentierfreudige Touri in sehr unbekanntest Terrain: Die Peking-Oper, ein fröhliches Potpourri aus Gesang, Instrumentalspiel, Pantomime, Tanz, Akrobatik und Kampftechniken, das den Besetzer von Omas Sofa in Ansätzen an Willy Millowitsches Theater und ähnliche Bühnenstücke erinnert. Die Story ist so einfach wie klassisch: Es wird verliebt, konkurriert, gekämpft und gestorben. Um das zu verstehen, muss man der Sprache nicht mächtig sein.

Die latente Angst vor der Fremdartigkeit des melodischen Repertoires war zum Glück in Teilen unbegründet. Einzig das Sitzfleisch hätte bei knapp drei Stunden Aufführung eine Pause erwartet. Alles in allem eine sehr lohnende Erfahrung, aber eine Erfahrung der Sorte “abgehakt, danke, weiter”.

Video: Die Peking-Oper

Aber so interessant das auch gewesen sein mag, eine ordentliche Party kann es selbstverständlich nicht ersetzen. Also ab in die nächste rollende Miefzelle und in den zu befeiernden Hutong gebrettert. Von dort aus vorsichtig das neue Jahr aus der Verpackung gelöst und dann an alle da draußen folgendes gesendet: ein frohes Neues und alles erdenklich Gute für 2009!

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